Facebook in China:Auf Expansionkurs im Land der Zensur

China ist auf der Facebook-Weltkarte bislang ein weißer Fleck: Jetzt traf Mark Zuckerberg dort den Geschäftsführer der erfolgreichsten Suchmaschine.

Alex Rühle

Im Rest der Welt gilt er als eine der einflussreichsten Personen unserer Zeit, gerade wählte ihn das amerikanische Time-Magazine zum "Man of the Year". In China hingegen kennt ihn kaum jemand, schließlich gibt es dort kein Facebook. Bislang jedenfalls. Vergangene Woche aber machte sich Mark Zuckerberg auf nach Peking und seither brodeln in der digitalen Gerüchteküche die Blogs und Nachrichtenmagazine.

Offiziell ist er im Land, um mit seiner Freundin Priscilla Chan deren Familie zu besuchen; zumal er ja im vergangenen Jahr angefangen hat Mandarin zu lernen. An eine Privatreise glaubt aber keiner mehr, seit ein Bild durchs Netz lief, das Zuckerberg gemeinsam mit Robin Li, dem Geschäftsführer von Baidu, zeigt. Baidu ist die mit Abstand erfolgreichste chinesische Suchmaschine.

China ist auf der Facebook-Weltkarte bislang ein weißer Fleck. Mark Zuckerberg sagte im Verlauf des Jahres aber mehrfach, China sei einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für Facebook. Im Sommer orakelte er bei einer Rede in Stanford von "spezifischen Sachen", die das soziale Netzwerk dort erreichen könne.

Vor einigen Wochen fragte er: "Wie soll man die ganze Welt vernetzen, wenn von vornherein 1,6 Milliarden Menschen außen vor bleiben?" Nun haben die nicht alle einen Internetanschluss, aber mit 300 Millionen Usern ist China der mit Abstand größte Markt weltweit.

Ein Engagement in China ist deshalb so problematisch, weil dort das Netz zensiert wird. Schon weil man via Internet schnell viele Menschen organisieren kann, wird mit Argusaugen über alle Aktivitäten im Netz gewacht. Da aber Facebook schon in den westlichen Demokratien immer wieder Probleme wegen seiner Datenpolitik hat, würde es dem Unternehmen sicher einen enormen Imageverlust einbringen, wenn es mit der chinesischen Regierung zusammenarbeiten würde.

Als Yahoo vor einigen Jahren der chinesischen Regierung Userdaten auslieferte, die zu Verhaftungen führten, ging ein Proteststurm durchs Netz. Google hat sich im März dieses Jahres, nachdem es immer wieder Streitereien wegen Zensurproblemen mit dem Ministerium für Staatssicherheit gegeben hatte, entnervt aus Festlandchina zurückgezogen.

Das "Projekt Goldener Schild", in Anlehnung an die Große Mauer auch die Große Firewall von China genannt, schreibt genau vor, welche Seiten in China gesperrt sind, darunter alles, was mit den "drei großen T", also Tibet, Taiwan und dem Tiananmenplatz zu tun hat.

Es findet ein permanenter und teilweise sehr intelligent und subtil geführter Kampf zwischen Netzusern und dem zensierenden Ministerium für Staatssicherheit statt, der immer wieder absurde Blüten treibt: Nachdem bei der Friedensnobelpreisverleihung an den inhaftierten Dissidenten Liu Xiaobo dessen Stuhl in Oslo leer bleiben musste und die Kameras minutenlang den leeren Stuhl gezeigt hatten, stellten viele Chinese als Solidaritätsbekundung Fotos von leeren Stühlen ins Netz.

Nach einigen Tagen wurden diese Bilder gelöscht. Auf Facebook gibt es mehrere Solidaritätsseiten für den inhaftierten Nobelpreisträger, es gibt viele taiwanische Seiten und der Dalai Lama hat eine Million Freunde. Da sich Facebook in jedem Fall chinesischen Gesetzen unterwerfen müsste, wären all diese Seiten dort gesperrt.

Was Zuckerbergs Treffen mit Robin Li, einem linientreuen, pragmatischen und höchst erfolgreichen Geschäftsmann betrifft, so ließ dessen Sprecher verlauten, da hätten sich "einfach nur zwei Nerds zu einem Austausch getroffen, die einander schon lange kennen".

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