Facebook-Analysen:Großer Bruder Schufa

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Kontoverbindungen, Ratenverträge, Beruf oder Alter - die Wirtschaftsauskunftei Schufa sammelt schon immer Daten, um die Kreditwürdigkeit eines Kunden zu überprüfen. Durch private Angaben im Internet sind ihr ungeahnte Möglichkeiten gegeben. Doch ob sich aus den Facebook-Daten verlässlich auf die Bonität schließen lässt, ist mehr als zweifelhaft.

Daniela Kuhr

Seit Jahren weisen Verbraucherschützer und Politiker darauf hin, dass es gefährlich sein kann, wenn man zu viel Persönliches im Internet preisgibt. Dass niemand wisse, was genau mit den Daten geschehe, wer sie nutze und wofür. Häufig wurden die Mahner belächelt, als Bremser und Bedenkenträger abgetan. Spätestens jetzt zeigt sich: Ihre Sorgen waren völlig berechtigt.

Die Wirtschaftsauskunftei Schufa lässt erforschen, welche Informationen das Internet über einzelne Verbraucher enthält und wie sie genutzt werden können, um so Rückschlüsse auf die Bonität zu ziehen. Bislang greift die Schufa, um die Kreditwürdigkeit eines Kunden zu ermitteln, in erster Linie auf dessen Kontoverbindungen, Ratenverträge, Angaben über Beruf, Alter und Familienstand oder auch den Wohnort zurück. Das Internet aber enthält oft sehr viel mehr Informationen. Das will die Schufa nutzen.

Zwar bemüht sie sich zu erklären, es gehe nur um öffentlich zugängliche Daten, alles sei legal, doch der Gedanke, der hinter dem Forschungsprojekt steht, ist klar: Wer bei Facebook angegeben hat, dass er sich für Politik und Wirtschaft interessiert, gern Tennis spielt und beim Nobelitaliener isst, wird besser bewertet als jemand, der am liebsten mit seinen Freunden bei McDonald's abhängt.

Wie sinnvoll es ist, auf solche Angaben zurückzugreifen und ob sich daraus überhaupt verlässlich auf die Bonität schließen lässt, ist mehr als zweifelhaft. Fest steht aber: Das Netz ist voll von privaten Informationen, die für die Wirtschaft wertvoll sind. Nutzt sie die Schufa nicht, wird es früher oder später jemand anders machen. Die Politik wird das nie ganz verhindern können. Es soll nur niemand sagen, er sei nicht gewarnt gewesen.

© SZ vom 08.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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