Elektronischer Personalausweis:Misstrauen gegen einen Mikrochip

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Am 1. November startet der neue Personalausweis - doch den meisten Deutschen ist der Nutzen des neuen Dokuments noch nicht klar.

Fabian Heckenberger

Christoph Meinel spricht vorn auf dem Podium, und an den Gesichtern der Vertreter aus dem Bundesinnenministerium (BMI) ist abzulesen, dass es ihnen nicht sonderlich gefällt, was der Professor für Internet-Technologie erzählt.

Neuer Personalausweis und Lesegeräte: "Bislang verstehen die meisten Leute nicht, was die Umstellung soll." (Foto: dpa)

Der Wissenschaftler der Universität Potsdam hat den neuen Personalausweis auf Akzeptanz bei Bürgern getestet. Sein Fazit: "Bislang verstehen die meisten Leute nicht, was die Umstellung soll."

Am 1. November wird das Dokument bundesweit eingeführt. Das BMI rechnet damit, dass im ersten Jahr zwischen acht und zehn Millionen Exemplare ausgegeben werden. Vor allem die neuen Funktionen zur Nutzung im Internet sollen viele Bürger veranlassen, das neue Dokument für 28,80 Euro zügig zu beantragen. Wissenschaftler Meinel dagegen sagt: "Es wird zehn Jahre dauern, bis sich das Dokument durchgesetzt hat."

Der neue Ausweis hat das Format einer Scheckkarte, ist also kleiner als sein Vorgänger. Er kann aber mehr, dank des eingebauten Mikrochips. Besitzer sollen sich bei Einkäufen im Netz ausweisen oder mit einer auf Wunsch gespeicherten elektronischen Signatur online Verträge abschließen können. Auch Anträge bei Behörden können am Computer erledigt werden, nachdem der Nutzer sich über ein Lesegerät mit dem neuen Dokument ausgewiesen hat.

Das Ministerium hat vier Studien anfertigen lassen und am Freitag vorgestellt. In zweien werden Sicherheitsbedenken zerstreut, der Ausweis biete Hackern neue Möglichkeiten zur Datenspionage. Zusammengefasst: Wenn der Computer des Nutzers gut gesichert ist und ein hochwertiges Lesegerät bereitsteht, bieten Ausweis und Software ausreichend Schutz. Eine Studie untersuchte die Haftungsfragen beim Gebrauch im Netz. Auch hier kommen auf den Bürger angeblich kaum zusätzliche Risiken zu.

Kaum jemand kennt das Dokument

Und dennoch, so das Ergebnis der vierten Untersuchung, in der Testnutzer zu ihren Erfahrungen befragt wurden, überwiegen die Bedenken. Viele trauen dem Staat wenig Kompetenz in Bezug auf Sicherheit im Netz zu, heißt es im Bericht.

Zudem führe eigene Unwissenheit der Bürger zu Unsicherheit. Der Verbraucherzentrale Bundesverband bemängelt, dass zu wenig informiert wird: "Viele wissen nicht einmal, dass ein neuer Personalausweis eingeführt wird", sagt Verbandsvorstand Gerd Billen.

Dem Unwissen sollen die Meldeämter mit ausführlichen Beratungsgesprächen begegnen. Der Städtetag hat in Versuchen ermittelt, dass ein Antragstermin künftig mindestens 22 Minuten dauern wird. Beim alten Ausweis waren es fünf bis zehn Minuten.

An neuen Bürgerterminals mit Bildschirm, Fingerscanner und Lesegerät geht der Beamte Klick für Klick mit dem Kunden durch, welche Funktionen freigeschaltet, welche Daten gespeichert werden. So könnte die Akzeptanz zunehmen, Wartezeiten aber auch.

Um das Dokument attraktiver zu machen, startet Potsdam ein Modellprojekt. Dort wird der neue Ausweis in einer exklusiv gestalteten Box übergeben, ähnlich der Verpackung eines Handys. Innen: Ausweis, Anschlusskabel und Software mit Gebrauchsanweisung. Vorne drauf: der Bundesadler vor poppig-buntem Hintergrund.

© SZ vom 16.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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