Duell Google vs. Microsoft:Kampf bis zum letzten Treffer

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Die erfolgreichste Suchmaschine, kostenlose Programme - und jetzt noch ein Betriebssystem: Google treibt Microsoft vor sich her. Wie die beiden IT-Konzerne im Duell der Giganten alle Kräfte mobilisieren.

H. Martin-Jung

Weniger als eineinhalb Bildschirmseiten, sieben kurze Absätze - länger ist die Ankündigung nicht, die zwei Google-Manager am Dienstagabend um 21.37 Uhr amerikanischer Westküstenzeit auf dem Blog ihrer Firma veröffentlicht haben. Dennoch reicht sie aus, die Welt der Informationstechnologie in Aufruhr zu versetzen. Google, so heißt es in der Mitteilung lapidar, plane ein eigenes Betriebssystem, genannt Chrome Operating System (Chrome OS).

(Foto: Foto: AFP)

Schon seit einigen Jahren wildert der Internet-Gigant Google in den Gefilden des Software-Giganten Microsoft. Nie aber, auch nicht mit Googles eigenem Browser Chrome, hat Google Microsoft direkter angegriffen als nun mit Chrome OS.

Große Teile der Google-Mitteilung lesen sich gerade so, als hätte jemand seinem Ärger über Betriebssysteme im Allgemeinen und Windows im Besonderen Luft gemacht: "Die Leute wollen sofort auf ihre E-Mails zugreifen können und nicht erst warten, bis der Computer hochgefahren und der Browser gestartet ist'', heißt es darin.

Keine Sorge um Updates

Sie wünschten sich außerdem, dass ihre Rechner immer so schnell laufen sollen wie am Anfang. Und "sie wollen nicht Stunden damit verbringen, ihre Computer zu konfigurieren''. Computernutzer sollten sich auch keine Sorgen machen müssen, ihr Betriebssystem ständig mit Updates zu versorgen. Aber kann Chrome OS Windows wirklich Konkurrenz machen?

Windows ist seit rund 15 Jahren - in der schnelllebigen Welt der Computertechnik sind das Äonen - das klar beherrschende Betriebssystem auf dem Markt. Unter anderem durch Verträge und Kooperationen mit den Hardware-Herstellern ist es Microsoft gelungen, diese Stellung mehr und mehr auszubauen. Heute läuft Windows auf neun von zehn Computern weltweit. Es ist sozusagen die Weide, auf der die übrigen Cash-Kühe des Konzerns grasen, vor allem sind das die Büroprogramme wie Word oder Excel, die als Quasi-Standard gelten.

In den vergangenen Jahren hatte Microsoft, größter Software-Konzern der Welt, jedoch stets gewirkt, als sei man von Google getrieben, anstatt selbst voranzugehen. Der gewaltige Druck, der von Googles ständigen Innovationen ausging, half aber auch, bürokratische Hemmnisse zu überwinden, die bei einem Großkonzern wie Microsoft natürlich existieren. Zwar gab es kommunikative Flops wie jüngst einen Werbespot mit einer sich erbrechenden Laptop-Nutzerin, den man zurückziehen musste. Und technologische wie das Betriebssystem Vista, das zu schwerfällig ist.

Der Kampf um Marktanteile

Doch zumindestens technologisch hat Microsoft den Kampf aufgenommen. Die Suchmaschine Bing holt sich - wenn auch von niedrigem Niveau aus - Marktanteile zurück, eine Gesten-Steuerung für Spiele könnte neue Maßstäbe setzen. Und nicht zuletzt verspricht das neue Windows, das schlicht 7 genannt wird und vom 22. Oktober an verkauft werden soll, ein großer Wurf zu werden. Hinter diesen Anstrengungen steckt der neue Software-Chef Ray Ozzie, der dem Konzern zudem eine Hinwendung zum Internet verordnet hat.

Dort ist Google schon immer gewesen. Konsequent geht das Unternehmen aus Kalifornien seinen Weg, es möglichst vielen Nutzern möglichst leicht zu machen, das Internet nicht bloß zu erkunden, sondern es als Basis für alles zu benutzen, was am Computer erledigt wird. Wer braucht schon wirklich all die Tausende Funktionen, die in Word oder Excel stecken? Nach diesem Motto haben die Google-Programmierer schlanke Anwendungen wie "Text & Tabellen'' entwickelt, die über den Internet-Browser aufgerufen und deren Daten von Google gespeichert werden.

Quellcode von Chrome OS zugänglich

Diesen Ansatz voranzutreiben, war der Grund, den Browser Chrome zu entwickeln. Und ist nun der Antrieb, ihm ein Betriebssystem auf Linux-Basis als Grundlage zu geben. Google zufolge soll der Quellcode von Chrome OS im Herbst veröffentlicht werden, von der zweiten Hälfte 2010 an sollen dann Minicomputer, sogenannte Netbooks, mit speziell angepasstem ChromeOS erscheinen, die in wenigen Sekunden hochfahren und den Browser starten.

Ob deswegen die Nutzer aber wirklich massenhaft auf Windows verzichten werden, steht dahin. Die ersten Netbooks basierten auch auf Linux, schon bald aber rief die Mehrzahl der Kunden nach dem gewohnten Windows.

© SZ vom 09.07.2009/cf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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