Datenschutz:Google will weg vom Ruf des Datenkraken

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  • Heute wird die Seite "Mein Konto" für alle Google-Nutzer freigeschaltet.
  • Sie bietet einen Überblick, welche Informationen Google bislang über einen gesammelt hat und beantwortet wichtige Fragen zu Sicherheit und Privatsphäre.
  • Auch ohne Google-Account kann man dort der Datensammelei widersprechen und interessenbezogene Anzeigen deaktivieren.

Von Simon Hurtz, München

Kaum ein Unternehmen weiß so viel über seine Kundschaft wie Google. Wer sich nicht bei Google einloggt, wenn er die Suchmaschine nutzt, bleibt trotzdem nicht anonym: Mit Hilfe von Cookies erkennt Google einzelne Nutzer, merkt sich den Suchverlauf und versucht, Alter, Geschlecht und Interessen zu erraten.

Das klappt in den meisten Fällen ziemlich zuverlässig. Für Google ist das prima: 90 Prozent des Jahresumsatzes von etwa 60 Milliarden Euro entfallen aufs Werbegeschäft. Je gläserner der Nutzer, desto genauer kann die Werbung zugeschnitten werden - und wenn ein Werbekunde weiß, dass er mit seiner Anzeige garantiert die richtige Zielgruppe trifft, wird er dort eher seine Annonce schalten als anderswo.

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Google will informieren und aufklären

Viele Nutzer finden das wohl eher erschreckend. Sie fürchten um die Sicherheit ihrer Daten, sie wollen nicht, dass ein amerikanisches Unternehmen so viel über sie weiß - auch nicht, wenn dessen Motto "Don't be evil" lautet. Jetzt versucht Google, diesen Menschen einen Teil ihrer Ängste zu nehmen: Seit Montag gibt es eine Seite, die alle Privatsphäre und Sicherheitseinstellungen bündelt und mehr Transparenz und Kontrolle verspricht.

Die Seite "Mein Konto" bietet einen Überblick, welche Informationen Google bislang über einen gesammelt hat. Auch ohne Google-Account lohnt sich ein Besuch: Um einzelne Nutzer zu identifizieren, platziert Google Cookies im Browser; diese Textdateien verpassen jedem Besucher eine eindeutige Kennnummer, so dass er später wiedererkannt wird. So kann Google die Ergebnisse auf Grundlage der bisherigen Suchanfragen anpassen. Ein Beispiel: Wer häufig nach "Volkswagen" sucht und dann "Golf" googelt, sieht andere Resultate als ein Sportfan, der denselben Begriff eingibt.

Personalisierung und interessenbezogene Werbung lassen sich abschalten

Unter "Mein Konto" lässt sich diese Personalisierung abschalten. Außerdem kann man interessenbezogene Werbung deaktivieren, den Such- und Wiedergabeverlauf von Youtube-Videos löschen sowie die Weitergabe von persönlichen Daten an das Analyse-Werkzeug Google Analytics untersagen. Allerdings: Auch der Widerspruch gegen die individuelle Identifizierung wird mit Hilfe eines Cookies gespeichert. Löscht man seine Cookies, geht diese Einstellung verloren - man muss seinen Einspruch danach also erneuern.

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Wer sich bei einem der zahlreichen Google-Dienste wie Gmail, Youtube oder Google Plus angemeldet hat oder mit einem Android-Smartphone den Google Play Store nutzt, besitzt ein Google-Konto. Registrierte Nutzer können auf der neuen Seite Privatsphäre- und Sicherheitschecks durchführen. So lässt sich etwa überprüfen, welchen anderen Apps man den Zugriff auf seinen Account erlaubt hat, man kann seinen Suchverlauf einsehen und einzelne Einträge entfernen und findet Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um Datenschutz und Sicherheit.

Keine dieser Einstellungsmöglichkeiten ist neu. Alle Optionen waren auch bisher vorhanden, allerdings quer über das ganze Google-Konto verteilt und teilweise nur mit Mühe zu finden. "Mein Konto" ist keine Revolution - und doch ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die meisten Menschen finden Privatsphäre zwar irgendwie wichtig, die wenigsten aber setzen sich mit dem Thema wirklich auseinander. Wer ohnehin längst weiß, was Tracking-Cookies und Browser-Fingerprinting bedeuten, wird bei "Mein Konto" nichts Neues erfahren. Alle anderen finden dort eine übersichtlich, hübsch designte und leichter verständliche Erklär-Seite mit wichtigen Tipps für mehr Internetkompetenz.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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