CES 2014:Die Zukunft ist hier

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Die vernetzte Zahnbürste, ein Anwendungsbeispiel aus dem Bereich des sogenannten "Internet der Dinge" (Foto: AFP)

In den USA startet eine der größten Technikmessen der Welt, die Consumer Electronics Show. Sie ist ein Blick in die Zukunft. Was die Unternehmen dort präsentieren, wird Städte, Wohnungen, Autos verändern - und möglicherweise sogar das Zähneputzen.

Von Pascal Paukner, Las Vegas

Am südlichen Ende der Amüsiermeile von Las Vegas steht eines der größten Hotels der Welt. Das Mandalay Bay ist mit seinen paar Tausend Zimmern so groß, dass die Betreiber es für eine gute Idee hielten, dem Hotel und Kasino auch noch ein Messezentrum zur Seite zu stellen. Wer in dem weitläufigen Gebäudekomplex einen bestimmten Raum sucht, kann schon mal eine ganze Weile unterwegs sein. Oder erstaunt von diesem Gigantismus einfach daran vorbeilaufen.

Zu Jahresbeginn, einen Tag bevor die US-Elektronikmesse Consumer Electronics Show (CES) einige Kilometer entfernt öffnet, lädt Samsung Journalisten aus der ganzen Welt an diesen Ort ein: Es ist vermutlich einer der wenigen Augenblicke des Jahres, in denen man in diesem monströsen Gebäude Angst um seinen Platz haben muss.

So auch in diesem Jahr. Bereits zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung kampieren Kameramänner und Reporter vor dem Eingang zum Saal. Wer eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn erscheint, trifft auf eine Warteschlange, die einige Hundert Meter lang ist und sich durch Flure und einen Saal nebenan schlängelt.

Samsung ist zwar nur eines von Hunderten Unternehmen, die in den kommenden Tagen auf der Show ihre Elektrowaren vorstellen. Doch die Pressekonferenz des Konzerns ist auch in diesem Jahr der mediale Höhepunkt der größten und wichtigsten Technikkonferenz in den Vereinigten Staaten.

Apple und Co. bleiben fern

Das liegt vor allem an dem Fernbleiben der wichtigsten Branchenvertreter aus den USA. Apple, Microsoft, Amazon und Google sind auch in diesem Jahr nicht mit eigenen Repräsentanzen vertreten. So hat Samsung leichtes Spiel und liefert dem Reportertross, was er sucht: neue Geräte, neue Bilder. Die Koreaner stellen in Nevada neue Tablets vor. Außerdem zeigt der Konzern erstmals einen Fernseher, der seine Form ändern kann.

Selbst wenn die wichtigsten US-Firmen nicht zu den Ausstellern zählen, mischen sie im Hintergrund mit und beobachten genau, was auf der CES passiert. Die Messe bietet deshalb gerade für junge Unternehmen aus der Hardwarebranche ein günstiges Sprungbrett. Sie bestimmen hier neben Samsung, Sony und LG die Agenda, weil andere Platz lassen.

Die CES ist nicht nur Treffen für die Industrie, bei dem im Hintergrund gewaltige Verkaufsvereinbarungen geschlossen werden. Die CES ist ein Ort, an dem man wie durch ein Brennglas in die Zukunft blicken kann, der zeigt, wohin es in den kommenden Monaten geht. 150.000 Fachbesucher reisen dafür nach Las Vegas.

In diesem Jahr ist das Trendthema ein altbekanntes: das Internet der Dinge. Seit langem ist die Rede davon, dass sich die Gegenstände unseres Alltags stärker vernetzen. Davon, dass bald auch Kühlschränke, Waschmaschinen und Heizkörper ständig mit dem Internet verbunden sind. Davon, dass Wohnungen, Häuser, ja ganze Städte sich so entwickeln, wie unsere Telefone es bereits getan haben: Sie sollen smart werden - intelligent.

Auch auf der Elektronikmesse in Las Vegas preisen die Hersteller seit Jahren die komplett vernetzte Welt an. Doch die Realität sieht selbst in den Hochtechnologie-Metropolen der Industriestaaten häufig noch erstaunlich analog aus. Abgesehen von Smartphones, Tablets und Desktop-Computern nutzt kaum jemand Gebrauchsgegenstände, die sich mit dem Netz verbinden. Doch das wird sich ändern.

Die Hersteller von Elektrogeräten rüsten an allen Ecken und Enden auf, auch weil die dafür notwendigen Sensoren und Sendetechnik inzwischen für Preise zu haben ist, die sie für den Massenmarkt attraktiv machen. Wer die elektronische Zahnbürste für das Ende der Entwicklung gehalten hat, irrt. Ein amerikanisches Start-up will noch in diesem Jahr eine Exemplar auf den Markt bringen, das Informationen über die Putzgewohnheiten und Zahngesundheit des Nutzers über das Internet an sein Smartphone schickt. Ein anderes Unternehmen ist mit einem Gerät nach Las Vegas gekommen, das den Schlaf seines Nutzers analysiert und mit Tönen und Licht reguliert.

Nun lässt sich über Sinn und Unsinn solcher Neuerungen lange streiten. Doch wie sooft, wenn es darum geht, ob sich Technologien durchsetzen, ist das möglicherweise gar nicht die entscheidende Frage. Nur wenige Menschen, die heute einen smarten Fernseher kaufen, kaufen diesen, weil sie damit auch gleichzeitig im Netz surfen wollen. Viele kaufen solche Geräte einfach, weil es sie gibt. Dadurch wächst der Markt, was wiederum die Investitionen der Unternehmen in dem Bereich erhöht und die Weiterentwicklung beschleunigt. Am Ende hat die Mehrheit der Bevölkerung sich dann fast beiläufig mit den neuen Gegebenheiten angefreundet.

Eine vergleichbare Entwicklung lässt sich derzeit im Bereich der Wearable Technology nachzeichnen. Galten elektronische Jogging-Armbänder, die den Puls und Ähnliches messen, lange als Tools der Geeks, zeigt sich nun, dass eine Dekade der tragbaren Elektronik bevorsteht. Smarte Armbanduhren, Kopfhörer mit Pulsmessfunktion und sogar vernetzte Blutdruckmessgeräte werden in diesen Tagen in Las Vegas ausgestellt.

Wearable Technology als Türöffner

Immer mehr Unternehmen steigen in den Markt ein. Der Umsatz mit solchen Geräten wird laut einer Schätzung der Analysefirma Park Associates von 3,3 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf acht Milliarden 2018 steigen. Dabei ist noch nicht mal klar, welche Auswirkungen es haben wird, wenn erst Apple und Google mit Armband-Computern und Datenbrillen in das Geschäft einsteigen.

Wearable Technology könnte dabei zum Türöffner für das eigentlich wichtigere Projekt der Technikkonzerne werden: Die Vernetzung unserer Wohnungen und Häuser. Wer viele elektronische Geräte besitzt, wird irgendwann auch den Wunsch haben, dass all diese Geräte miteinander interagieren können. Da spielen dann auch ans Netz angeschlossenen Kühlschränke und Herdplatten eine Rolle - und Autos.

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Die CES war nie eine jener Messen, bei der die Hersteller von Smartphones spektakuläre Produktvorstellungen veranstaltet haben. Aber sie deutet 2014 an, welch fundamentalen Wandel die Computerindustrie derzeit erlebt. Obwohl auch das Mobile Web als Betriebssystem dieses neuen Zeitalters nie eine große Rolle gespielt hat, sind auf der Veranstaltung in diesem Jahr die Zeichen des mobilen Internetzeitalters unübersehbar.

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