BGH-Urteil:Eltern haften nicht für illegales Filesharing erwachsener Kinder

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Tausende illegal bereitgestellte Songs, fast 3500 Euro Anwaltskosten: Der BGH hat jetzt in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Eltern nicht für illegale Tauschbörsennutzung ihrer volljährigen Kinder haften müssen - sofern sie keinen konkreten Verdacht haben, dass die Kinder solche Angebote nutzen.

Eltern haften grundsätzlich nicht für illegalen Musiktausch per Internet ihrer volljährigen Kinder. Sie dürfen vielmehr ihren Internetanschluss erwachsenen Kindern zur Nutzung überlassen, ohne sie zu vorab über die Gefahren des Missbrauchs zu belehren oder sie gar zu überwachen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Mittwoch in Karlsruhe verkündeten Urteil entschied.

Eltern müssten ihre erwachsenen Kinder nicht generell über die Illegalität solcher Tauschbörsen aufklären, hieß es. Das müsse erst geschehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass das Kind solche Tauschbörsen bereits in Anspruch genommen habe oder in Anspruch nehmen werde.

Im aktuellen Fall sollte der beklagte Stiefvater eines damals 20-Jährigen fast 3500 Euro Abmahnkosten an vier führende Plattenfirmen zahlen. Sie begründeten ihre Forderung damit, dass über den Internetanschluss des Vaters an einem Tag im Jahr 2006 illegal Musik heruntergeladen und damit gleichzeitig auch 3749 Musikdateien auf einer Internet-Tauschbörse bereitgestellt worden seien.

Der Vater verweigerte jedoch die Zahlung und machte geltend, dass nicht er, sondern sein Stiefsohn die Musikdateien ins Netz gestellt habe. Zu recht: Laut BGH überließ der Beklagte seinen Internetanschluss dem erwachsenen Stiefsohn "aus familiärer Verbundenheit". Zudem seien "Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich", heißt es im Urteil.

Über die Haftung für minderjährige Kinder hatte der BGH bereits 2012 entschieden. Demnach haften Eltern grundsätzlich nicht, wenn Kinder im Internet illegal Musik tauschen. Dies gilt allerdings nur unter Bedingungen: Eltern müssen ihre Kinder zuvor belehrt haben, dass die Teilnahme an sogenannten Tauschbörsen rechtswidrig ist, und sie dürfen keinen konkreten Verdacht haben, dass ihr Kind das Verbot ignoriert.

Rechtsanwalt Johannes von Rüden begrüßte die Entscheidung: Sie bedeute eine deutliche Lockerung der bisher sehr strengen Haftung für die Anschlussinhaber. Diese müssten nun erst dann haften, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass der Anschluss fürs Filesharing missbraucht wird. "Das ist ein weiterer tief sitzender Schlag gegen die Abmahn-Industrie" erklärte der Berliner Anwalt.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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