Neue Regeln zum Datenschutz:So will Europa das Vertrauen ins Internet stärken

Lesezeit: 2 min

  • Europa soll endlich einheitliche Datenschutzregeln bekommen. Geplant sind höhere Bußgelder bei Verstößen, ein Recht auf Vergessenwerden und die einfachere Mitnahme von Daten für Verbraucher.
  • Der Dokumentarfilm "Im Rausch der Daten" hat die Verhandlungen begleitet.

Von Varinia Bernau, München

Es schmerze ihn schon, dass so viele Bäume für dieses Prozedere sterben mussten, scherzt Jan Philipp Albrecht. Der 32-Jährige ist schließlich Abgeordneter der Grünen. Er ist aber auch der Berichterstatter, den das Europaparlament für die Verhandlungen über die Datenschutzverordnung bestimmt hat. Als dieser musste er zwischen dem von der Kommission vorgelegten Entwurf und den 4000 Änderungsanträgen von Abgeordneten einen Kompromiss aushandeln. Das ist ihm geglückt: Mit deutlicher Mehrheit hat sich das Parlament im Herbst 2013 auf eine Position geeinigt.

Der Dokumentarfilm "Im Rausch der Daten", der am Donnerstag ins Kino kommt, zeichnet diese schwierigen Verhandlungen nach. Es ist ein spannendes Lehrstück für all jene, die wissen wollen, wie in Brüssel um die Regeln für die Zukunft der Wirtschaft gerungen wird. Nicht nur das Geschäft von Internetunternehmen setzt auf das Sammeln von Daten. Auch die Zukunft von Finanzdienstleistern, Pharmakonzernen oder Maschinenbauern hängt davon ab, was sie mit all den mittels moderner Technologien gesammelten Informationen anfangen.

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Eine Verordnung für alle Länder

Das derzeitige Regelwerk stammt von 1995. Es ist nur eine Richtlinie, die jedes Land in eigene Gesetze gegossen hat. Diese Unklarheiten macht es Start-ups schwer über die Landesgrenze hinaus zu expandieren - und Konzernen leicht, die einzelnen EU-Mitgliedstaaten gegeneinander auszuspielen. Die neue Verordnung würde, sobald verabschiedet, die nationalen Regelungen ersetzen. Sie soll das Vertrauen ins Internet stärken - und damit auch das Geschäft in einer digitalen Welt.

Jeder Verbraucher könnte sich, wenn er meint, ein Unternehmen missbrauche seine Daten, an die Datenschutzbehörde seines Landes wenden. Damit wäre ein Streit, wie ihn der Österreicher Max Schrems mit Facebook ausfechtet, nicht nötig. Facebook zieht sich bislang auf den Standpunkt zurück, dass das US-Unternehmen seinen Europasitz in Irland habe und sich somit nur an die dortigen niedrigen Standards für den Datenschutz halten müsse.

Die endgültige Einigung steht noch aus

Für den Fall eines Verstoßes hat die Kommission Strafen bis zu zwei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens vorgeschlagen, das Parlament fordert fünf Prozent. Bislang liegt das höchste Bußgeld, das allerdings nur einige wenige europäische Staaten verhängen können, bei 600 000 Euro. Ein Bußgeld von bis 1,1 Milliarden Dollar, das die Neuregelung ermöglichen würde, träfe Alphabet, die Gesellschaft, unter deren Dach Google seine Geschäfte neu sortiert hat, deutlich empfindlicher.

Ein Recht auf Vergessenwerden, das zunächst nur für Jugendsünden eingeräumt werden sollte, will das Parlament nun allen zusichern - unabhängig vom Alter. Außerdem sollen es Verbraucher leichter haben, Daten, die sie dem Anbieter eines Internetdienstes anvertraut haben, zu einem anderen mitzunehmen. Das würde bei Smartphones beispielsweise den Wechsel erleichtern - aus der Welt des iPhone-Herstellers Apple in die des Konzerns Alphabet, der mit Android die Software für die Handys von Samsung, Sony oder HTC liefert.

Im Juni hat sich der Rat, in dem die Regierungen der 28 EU-Mitgliedstaaten vertreten sind, auf eine einheitliche Position verständigt und verhandelt nun mit dem Parlament. Eine Einigung könnte es noch in diesem Jahr geben.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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