Zu meiner Grundschulzeit lief das an besonders heißen Tagen so: Ein Schüler meldete sich gegen zehn Uhr und bat darum, auf die Toilette gehen zu dürfen. War er draußen, rannte er über den Pausenhof zu einer schattigen Ecke, wo ein großes Thermometer hing. Wir wussten genau: Zeigt es 27 Grad oder mehr, dürfen wir zeitnah mit der "Hitzefrei"-Durchsage rechnen. Kehrte der Schüler also mit klimatisch froher Kunde ins Klassenzimmer zurück, war die Freude groß.
Auch jetzt sehnen in weiten Teilen Deutschlands Schüler das Ende des Unterrichts herbei. Aber wer entscheidet eigentlich, ob, und und in welchem Umfang es hitzefrei gibt? Und sind die 27 Grad, an denen wir uns einst orientierten, noch relevant für die Entscheidung?
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Trotz Föderalismus ist der verkürzte Unterricht bei großer Hitze in allen Bundesländern ähnlich geregelt - und zwar dezentral. Es gibt kein Hitzefrei-Gesetz, im Falle des heißen Falles entscheidet die Schulleitung, ob der Unterricht für die Schüler noch zumutbar ist. Dabei spiele vor allem "die besondere räumliche Situation des Schulgebäudes und die Konstitution der Schülerinnen und Schüler eine entscheidende Rolle", erklärt eine Sprecherin des bayerischen Kultusministeriums. Heißt: 27 Grad können an einer Schule mit großen Glasfronten zu unerträglicher Hitze führen, während in einem alten Bau mit dicken Betonwänden womöglich weiter gelernt werden kann.
Ein paar Unterschiede gibt es aber auch zwischen den Bundesländern. So hat das niedersächsische Kultusministerium sinngemäß kommuniziert: An Grundschulen und für Klassen der Sekundarstufe I (bei Gesamtschulen bis zur zehnten Klasse, bei Gymnasien bis zur neunten) kann die Schulleitung hitzefrei geben. Die Klassen der Sekundarstufe II (Oberstufe) werden hingegen nicht vom Unterricht befreit. Ältere Schüler seien anders belastbar, begründet eine Sprecherin des Ministeriums die Vorgabe in der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Sie können auch stärker eigenständig darauf achten, ob sie aufgrund von Hitze mehr Flüssigkeit zu sich nehmen müssen oder können besser einschätzen, wie lange sie sich in der Sonne aufhalten sollten."
Verkürzte statt ausfallende Stunden
Wie Niedersachsen dürfen auch in Nordrhein-Westfalen ältere Schüler bei höchstsommerlichen Temperaturen nicht auf Hitzefrei hoffen. Für die Entscheidung, ob niedrigere Klassen früher an den Badesee entlassen werden, gilt in NRW eine Raumtemperatur von 27 Grad als Anhaltspunkt.
Zumindest für Bayern lässt sich feststellen, dass es das klassische Hitzefrei von einst, bei dem Unterrichtsstunden ersatzlos entfallen, kaum noch gibt. Das hat weniger mit dem von Rudi Carrell besungenen mauen Sommer der Gegenwart zu tun, sondern vielmehr damit, dass die einzelnen Stunden an heißen Tagen an den meisten Schulen verkürzt gehalten werden. Schüler dürfen also trotzdem früher nach Hause als gewöhnlich - sie müssen zuvor aber noch 30 statt der gewohnten 45 Minuten pro betroffener Unterrichtsstunde ausharren.