SCHULE:Ein miserables Zeugnis für die Politik

Wie man Kinder zum Lesen bringt und warum das für die Demokratie so wichtig ist

Von Paul Munzinger

Lesen zu können ist kein Schnickschnack, kein exotisches Hobby, keine Zusatzqualifikation, die sich gut auf dem Lebenslauf macht. Lesen zu können ist die Grundlage für Erfolg in der Schule und im Leben, für die Teilhabe an der Gesellschaft. Wenn fast jedes fünfte Kind in Deutschland die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen zu können, dann ist das ein Anlass zur Sorge. Und wenn die Zahl dieser zu früh Abgehängten auch noch steigt, dann ist das ein miserables Zeugnis für die Politik.

Ob ein Kind lesen lernt oder nicht, hängt in Deutschland zu oft vom Zufall ab, vom Pass der Eltern, von der Zahl der Bücher in den heimischen Regalen. Doch wer das Wort von der Bildungsgerechtigkeit nicht zur Phrase verkommen lassen möchte, muss seine Schulen in die Lage versetzen, soziale Unterschiede auszugleichen, statt sie im schlimmsten Fall zu vertiefen. Um auch die Kinder zum Lesen zu bringen, denen daheim nicht jeden Abend auf Deutsch vorgelesen wird, brauchen sie Lehrer und Zeit. Von beidem gibt es gerade an Grundschulen zu wenig.

"Das Zurücklassen vieler Kinder", so warnte jüngst eine Gruppe renommierter Bildungsforscher, "gefährdet unsere Demokratie." Viele Länder haben zuletzt vorgemacht, wie man Kinder mitnimmt, statt sie zurückzulassen, auch das zeigt die Iglu-Studie. Für Deutschland hat sie deshalb nicht nur schlechte Zahlen zu bieten, sondern auch mögliche Vorbilder.

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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