Schule:Muss eine Klassenarbeit einen bestimmten Notenschnitt erfüllen?

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Wenn die Lehrerin einen Fehler macht, sollten Schüler nicht darunter leiden müssen. (Foto: Illustration Jessy Asmus für SZ.de)

Die Lehrerin korrigiert eine Schulaufgabe besonders streng, damit es nicht allzu viele Einser gibt. Darf sie das?

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Die Lateinlehrerin meiner Tochter, sie besucht die 10. Klasse eines bayerischen Gymnasiums, hat vor der letzten Prüfung ein paar Hinweise zu deren Inhalt gegeben. Zufällig haben die Schüler privat genau den Text vorbereitet, der schließlich in der Schulaufgabe drankam. Entsprechend gut waren die Ergebnisse - theoretisch. Denn die Lehrkraft bewertete extrem streng und erklärte auf Nachfrage, sie hätte einen "repräsentativen Notendurchschnitt" generieren müssen. Nun will sie die Arbeit sogar wiederholen lassen, der Vorwurf des Unterschleifs steht im Raum.

Darf die Prüfung einfach so für nichtig erklärt werden? Wer hat in so einem Fall zu entscheiden? Und müssen Schüler eine Korrektur im Sinne eines "repräsentativen Notendurchschnitts" hinnehmen?

Die Antwort

Ihre ersten beiden Fragen sind relativ einfach zu beantworten, beim "repräsentativen Notendurchschnitt" wird es etwas schwieriger mit einer klaren Antwort.

Prinzipiell ist es an Bayerns Gymnasien möglich, einen großen Leistungsnachweis, also zum Beispiel die von Ihnen genannte Schulaufgabe, im Nachhinein für ungültig zu erklären. Dafür müssen aber bestimmte Kriterien erfüllt sein, die auch in der Schulordnung für die Gymnasien (GSO) festgeschrieben sind. Dort heißt es:

"Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann nach Rücksprache mit der Lehrkraft und der Fachbetreuerin oder dem Fachbetreuer einen großen Leistungsnachweis für ungültig erklären und die Erhebung eines neuen anordnen, insbesondere wenn die Anforderungen für die Jahrgangsstufe nicht angemessen waren oder der Lehrstoff nicht genügend vorbereitet war."

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Die Prüfung für nichtig erklären, das zu Frage Nummer zwei, kann also nur der Schulleiter. Bevor er das tut, hält er aber mit der zuständigen Lehrkraft und auch der Fachbetreuung Rücksprache. Denn wenn so ein Schritt notwendig ist, was wirklich sehr selten passiert, müssen bei der Konzeption der Arbeit Dinge grob schiefgegangen sein.

Das scheint hier nicht der Fall zu sein, denn offenbar war die Prüfung an sich der Jahrgangsstufe und dem Wissen der Schüler angemessen. Bei der Konzeption hat die Lehrerin anscheinend keinen Fehler gemacht und auch scheint der Stoff ausreichend - oder vielmehr: zu gut - vorbereitet gewesen zu sein. Doch das ist den Schülern kaum vorzuwerfen, denn niemand hat die Lehrerin dazu gezwungen, Tipps zum Inhalt der Prüfung zu geben.

In meinen Augen sind daher die Faktoren nicht gegeben, die dafür sprechen würden, die Arbeit für nichtig zu erklären oder zu wiederholen. Da kein formaler Fehler vorliegt, sind die überdurchschnittlich guten Leistungen der Schüler dem losen Mundwerk der Lehrerin zuzuschreiben. Dass sie diese Leistungen durch eine übermäßig strenge Korrektur offenbar abgewertet hat, deutet daraufhin, dass sie ihren Fehler bemerkt hat und im letzten Moment versuchte, ihn zu "korrigieren".

Grundsätzlich gilt durchaus, dass die Notenverteilung einer Schulaufgabe etwa der Gauß-Verteilung entspricht: sehr wenige sehr gute, wenige gute, viele mittelmäßige, wenige schlechte, sehr wenige sehr schlechte Zensuren. Fällt ein Test extrem gut oder schlecht aus, muss sich ein Lehrer womöglich dafür rechtfertigen. Das Kultusministerium gibt zwar keine Notenfenster vor, in denen der Durchschnitt liegen sollte, viele Schulen geben sich aber selbst Regeln.

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Ein Beispiel: Wenn mehr als die Hälfte der Klasse die Note 5 oder 6 bekäme, muss die Schulaufgabe erst vom Fachbetreuer oder der Schulleitung abgenommen werden, bevor sie herausgegeben werden darf. An einer anderen Schule müssen sich Lehrkräfte rechtfertigen, wenn der Notendurchschnitt besser als 1,8 oder schlechter als 4,2 ausfällt. "Solche intern festgelegten Grenzwerte haben die Qualitätssicherung und ein vergleichbares Leistungsniveau im Blick", erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums. "Dafür trägt jeder Lehrer selbst Verantwortung."

In Ihrem Fall, immer vorausgesetzt, dass keine anderen Gründe für eine Wiederholung der Prüfung sprechen, gibt es keinen Grund, den eigentlich gut ausgefallenen Test durch extrem strenge Bewertung in die Mittelmäßigkeit zu pressen. Die Lehrerin hätte schlicht ihren Fehler - zu viele Tipps für die Schüler vor der Schulaufgabe - einräumen und die guten Zensuren hinnehmen sollen.

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