Bundesregierung:Plagiatsverdacht gegen Ursula von der Leyen

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Die Verteidigungsministerin soll in ihrer Doktorarbeit abgeschrieben haben. Experten halten die Vorwürfe für ernst.

Von Roland Preuß, München

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen muss sich gegen schwerwiegende Plagiatsvorwürfe wehren. Die Internetplattform Vroniplag Wiki wirft der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden vor, in ihrer Doktorarbeit fremde Texte ohne saubere Kennzeichnung übernommen zu haben. Zudem ließen sich zahlreiche weitere Fehler feststellen, sagte der Berliner Juraprofessor Gerhard Dannemann am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. "Ich halte die Mängel für schwerwiegender als bei Frau Schavan, wenn auch in einem anderen Fach." Von der Leyen wies den Plagiatsvorwurf zurück.

Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan hatte im Fach Erziehungswissenschaften promoviert, von der Leyen in Medizin. Ihre Arbeit von 1990 beschäftigt sich mit der Diagnose von Krankheiten vor der Geburt. Die heutige Ministerin hatte damit an der Medizinischen Hochschule Hannover ihren Doktortitel erworben. Sollten sich die Plagiatsvorwürfe bestätigen, dürfte sie ihren Titel verlieren - und möglicherweise auch ihr Ministeramt. Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war 2011 wegen umfangreicher Plagiate in seiner juristischen Doktorarbeit zurückgetreten, vor zwei Jahren hatte dann auch Schavan wegen Plagiaten in ihrer Dissertation den Titel verloren und sich ebenfalls zurückgezogen.

Auf Vroniplag Wiki werden Forschungsarbeiten auf die Einhaltung wissenschaftlicher Standards hin überprüft, zum Kernteam der offenen Plattform zählen mehrere Professoren, unter ihnen Gerhard Dannemann, der an der Berliner Humboldt-Universität lehrt. Vroniplag bewertet "konservativ geschätzt" rund zwölf Prozent des Textes im Hauptteil der Arbeit als Plagiat, annähernd die Hälfte der 62 Textseiten ist demnach betroffen. Dies dokumentiert Vroniplag durch eine Gegenüberstellung der Texte aus der Originalquelle und dem Text aus der Doktorarbeit. "Wir sprechen hier nicht von einem Grenzfall", sagte Dannemann. Zudem fänden sich weitere Fehler: Für einige Aussagen habe von der Leyen Quellen angeführt, mit denen sich das Behauptete gar nicht belegen lasse; Fehler seien von anderen Autoren mit abgeschrieben worden. Solche Befunde gelten als Indiz für Plagiate. "Die Häufigkeit und leichte Vermeidbarkeit der Fehler spricht für grobes Schlampen", sagte Dannemann. "Dies ist ein Muster in der Arbeitsweise."

Auch der Plagiatsexperte Volker Rieble schätzt das Vorgehen von der Leyens als Verstoß gegen gängige Regeln ein. "Das ist ein eindeutiges Plagiat, es wurde eindeutig abgeschrieben", sagte der Münchner Juraprofessor der SZ. Oberhalb einer Bagatellgrenze sei es unerheblich, ob es sich um einen schweren oder nur um einen mittelschweren Plagiatsfall handele.

"Den Vorwurf des Plagiats kann ich zurückweisen", sagte dagegen von der Leyen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Es ist nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen von Politikern zu streuen." Sie habe Ende August "von den Aktivitäten im Netz" erfahren und habe ihre Hochschule gebeten, die Dissertation durch eine "neutrale Ombudsstelle" prüfen zu lassen. Dies sei ihr zugesagt worden.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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