Ausländische Studierende in Deutschland:Gekommen, um zu gehen

Lesezeit: 2 min

Immer mehr junge Leute kommen zum Studium nach Deutschland, vier von fünf ausländischen Studenten wollen nach dem Abschluss bleiben. Doch das ist nicht so einfach, wie es scheint. Eine Studie ergründet, warum die meisten heimkehren.

Roland Preuß

Für die Opposition ist es ein neuer Beleg, dass die Regierung zu wenig tue. Es herrsche in Deutschland eben "keine moderne Willkommens-, sondern eine ideologische Abschreckungskultur", sagt der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring. Ausländische Hochschulabsolventen müssten während des Studiums endlich mehr arbeiten und nach dem Studium leichter im Land bleiben dürfen, fordert er.

Ausländische Studenten in München
:Alles in bester Ordnung

Sehr ordentlich, sehr sauber, sehr organisiert: Wie sechs Studenten aus dem nahen und fernen Ausland ihren Studienalltag in München erleben.

Allzu viel Schärfe ist jedoch fehl am Platz: die Bundesregierung plant bereits in die gleiche Richtung, doch sie will nicht so weit gehen wie Gehring. Denn ausländische Absolventen gelten als ideale Gruppe, um begehrte Fachkräfte zu rekrutieren - sie sind gut ausgebildet, mit dem Land bereits vertraut und: sie sind schon da.

Die neue Debatte hat sich entsponnen, nachdem eine neue Studie über ausländische Studenten erschienen ist. Die Untersuchung des Forschungsbereiches beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) beleuchtet, wie viele ausländische Master-Studenten und Doktoranden in den fünf EU-Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden bleiben wollen, wie viele tatsächlich geblieben sind - und was ihre Entscheidung beeinflusst.

Das Ergebnis: zwei Drittel der gut 6200 Befragten würden gerne im Studienland bleiben, in Deutschland sogar fast 80 Prozent. Tatsächlich aber lebt nur rund ein Viertel weiterhin dort, in Frankreich verbleibt immerhin ein Drittel. Woran liegt das?

Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei den Jung-Akademikern "weist auf erhebliche Hürden hin", sagt Gunilla Fincke, die Direktorin des Forschungsbereichs beim SVR, einem unabhängigen Expertengremium, das von großen deutschen Stiftungen getragen wird.

Der Studie zufolge fehlt es vor allem an Informationen, über rechtliche Möglichkeiten nach Examen oder Doktorverleihung im Land zu bleiben. In Deutschland waren diese gerade mal einem Viertel aller Befragten bekannt. Ein Blick ins Gesetzbuch dürfte Bleibe-Aspiranten dabei wenig helfen, denn das deutschen Ausländerrecht ist kompliziert, es müsste also aufbereitet und an die Studenten herangetragen werden - den Befragten zufolge auch auf Englisch, denn dies beherrschen viele Studenten dann doch immer noch besser als Deutsch.

Selbst wenn die Fachkräfte dann anbeißen, müssen sich Arbeitgeber auf eine vorübergehend Zusammenarbeit einstellen. Nur wenige Befragte - zwischen 5,3 Prozent in Großbritannien und 12,5 Prozent in Deutschland - planen, länger als fünf Jahre im Land zu bleiben. Dann geht es mit Berufserfahrung zurück in die Heimat oder zu attraktiveren Angeboten im Ausland. Das könnte hierzulande mit schlechten Erfahrungen zusammenhängen, fast 40 Prozent der Befragten berichteten, sie hätten schon Vorurteile gegen Ausländer erfahren - der zweitschlechteste Wert hinter Frankreich.

Fincke plädiert für weitere Erleichterungen - so wie die Regierung sie nun plant: ausländische Studenten sollen neben dem Studium mehr arbeiten und 18 statt bisher zwölf Monate nach ihrem Abschluss einen qualifizierten Job suchen dürfen. Nun brauche das Angebot noch einen griffigen Namen, sagt Fincke. Ihr Vorschlag: Young Talent Card.

© SZ vom 23.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: