Zoff bei den Linken:Bekannte Karteileichen

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Falsche Mitgliederzahlen bei den Linken in Bayern? Das war lange bekannt, sagen nun lokale Mandatsträger - und bestätigen damit die Vorwürfe von Landesschatzmeister Voß gegen Klaus Ernst.

Der Konflikt in der Linken um die mögliche Manipulation von Mitgliederzahlen zu Gunsten des Parteichefs Klaus Ernst spitzt sich zu. Dass die Mitgliederzahlen in Bayern nicht stimmten, war parteiintern schon lange bekannt, berichten nun lokale Mandatsträger der Partei.

Massive Ungereimtheiten bei der Mitgliederverwaltung der Linken? Dass die Mitgliederzahlen nicht stimmten, sei seit Jahren bekannt, sagen nun lokale Mandatsträger. (Foto: ddp)

Der frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte der Financial Times Deutschland: "Wir wussten, dass die Zahl der Nichtzahler in Bayern mit 37 Prozent im Jahr 2008 sehr hoch war."

Dies bestätigten auch zwei örtliche Linken-Mandatsträger. Sie berichteten, es sei schon lange vor Amtsantritt des bayerischen Landesschatzmeisters Ulrich Voß im vergangenen April bekannt gewesen, dass es in mehreren Kreisverbänden viele Karteileichen unter den Mitgliedern gab.

Der linke Flügel macht seinerseits den Gewerkschafter-Flügel für die Missstände verantwortlich. Dass die Mitgliederzahlen nicht stimmten, sei sogar schon im Rechenschaftsbericht des Landesverbands erwähnt worden, sagte der Würzburger Stadtrat Holger Grünwedel. Und der Dachauer Kreisvorsitzende Axel Mende erklärte auf Anfrage schriftlich, dass Schatzmeister Voß "in seiner Tätigkeit von den Teilen des gewerkschaftlich orientierten Landesvorstands massiv behindert wurde und wird".

In einem internen Dossier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, hatte der bayerische Landesschatzmeister Ulrich Voß massive Ungereimtheiten bei der Mitgliederverwaltung der Linken angeprangert. Einige Kreisverbände sollen Mitglieder in ihren Listen führen, die in Wirklichkeit nie in die Partei eingetreten sind. Andere Mitglieder zahlen seit Monaten keine Beiträge und hätten nach Angaben von Voß satzungsgemäß längst ausgeschlossen werden müssen.

Voß wirft seinen Vorstandskollegen schwerste Regel- und Satzungsbrüche vor. Er vermutet, dass falsche Mitgliederzahlen möglicherweise Tricks waren, um die Mehrheiten auf Parteitagen im Interesse Ernsts zu verändern. Der Parteichef hat das als "üble Intrige" zurückgewiesen.

Kritiker von Voß machen unterdessen alles, um ihn selbst unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Demnach habe er für 2008 und 2009 selbst keine Beiträge bezahlt. Und in seinem Kreisverband Amberg gebe es besonders viele Nicht-Beitragszahler. Tatsächlich aber lebt Voß dort erst seit 2009.

Hintergrund des Streits ist ein Richtungskampf um die Positionierung der Linken: Dem Gewerkschaftsflügel um Ernst stehen radikale Linke gegenüber.

Gysi: "Absurder Unsinn"

Die Ernst-Kritiker machen für die falschen Zahlen die frühere Schatzmeisterin Gilberte Lebien-Schachner verantwortlich - die dem Ernst-Flügel nahesteht. Ernst kann aber vor allem auf die Unterstützung der großen Kreisverbände in München, Nürnberg und anderen Städten bauen.

Die Münchner Kreisvorsitzende Lili Schlumberger-Dogu attackierte Voß. "Der Vorwurf der Manipulation von Mitgliederzahlen trifft auf den Münchner Kreisverband nicht zu." Die Anschuldigungen seien "an den Haaren herbeigezogen und durch nichts belegt". "Offensichtlich geht es ihm um eine Spaltung der bayerischen Linken, die wir in München - ganz unabhängig von verschiedenen Strömungen etc. - nicht wollen."

Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi wies die Vorwürfe gegen den Parteivorsitzenden Ernst als "absurden Unsinn" zurück. "Diese Art der Denunziation dürfen wir uns nicht länger bieten lassen", sagte Gysi der Passauer Neuen Presse. "Klaus Ernst in diesem Zusammenhang zu unterstellen, er habe sich Delegiertenstimmen erschummelt, um Spitzenkandidat in Bayern zu werden, ist absurder Unsinn."

Schatzmeister Voß aber will sich dem Druck nicht beugen. "Ich sehe keinen Grund zurückzutreten", sagte Voß der Zeitung. Der bayerische Linke-Landesverband habe große Defizite bei den Mitgliederdaten. "Die Probleme, die ich aufgezeigt habe, müssen geklärt werden", forderte Voß, der seit April im Amt ist.

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