Wetter in Bayern:Zufriedene Bauern und Rekordwärme

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Frühlingssommer im Allgäu: Ein Jogger mit Hund läuft im Sonnenschein zwischen Wiesen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

In Regensburg wurde am Samstag ein Spitzenwert von 27,9 Grad gemessen, in Burghausen öffnete das Freibad - und die Landwirte freuen sich.

Von Clemens Sarholz, Regensburg

Erst Anfang April, aber in Burghausen war am Wochenende schon das Anbaden angesagt. Zwar noch nicht so, wie es die Burghauser Tradition gebietet, mit einem Bürgermeister, der sich zusammen mit Geistlichen und Stadtratsmitgliedern in den See stürzt. Aber wegen der milden Luft wurden am Wöhrsee-Freibad schon mal die Pforten geöffnet, bei einer Wassertemperatur von nur zehn Grad.

Zwar sei der Frühjahrsputz noch nicht ganz fertig, erklärt Burghausens Stadtsprecherin Alexandra Königseder, aber die Mitarbeiter waren angesichts der prophezeiten Temperaturen Feuer und Flamme für die zweitägige Sonderöffnung. Einen Monat vor dem offiziellen Anschwimmtermin.

Der Grund war für alle zu spüren: In Bayern war es an diesem Wochenende vermutlich so warm wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im ersten April-Drittel: Am Samstag sei in Regensburg ein Spitzenwert von 27,9 Grad gemessen worden, berichtete der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Sonntag. Der höchste in der ersten Dekade des Monats vom 1. bis 10. April gemessene Wert im Freistaat lag bislang gut ein Grad darunter: Im Jahr 1961 waren in Wasserburg 26,8 Grad registriert worden. Bei den jetzt registrierten 27,9 Grad handelt es sich um eine vorläufige Zahl. Die Daten werden in den kommenden Tagen noch mal überprüft. Den zweithöchsten Wert verzeichnete der DWD am Samstag mit 27,8 Grad in Wielenbach im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau unweit des Starnberger Sees. Auf der Zugspitze wurden am Samstag 6,1 Grad gemessen. Dort läuft es noch bis zum 1. Mai der Skibetrieb. Was am Wöhrsee allgemeine Erheiterung, Sonnenbaden und ein recht kaltes Badeerlebnis brachte, sorgte in Rosenheim für eine Warnung vor hoher Waldbrandgefahr.

Hier ist noch Winter: Skifahrer sind bei Sonnenschein und milden Temperaturen auf der Zugspitze unterwegs. (Foto: Ute Wessels/dpa)

Guido-Peter Wolz, Leiter des Referates Regionale Wetterberatung beim DWD München, sagt, das April-Sommerwetter sei zwar nur ein Wetterereignis, dem einzeln betrachtet kein besonderer Stellenwert zugesprochen werden sollte - aber eines, das sich in das "Gefüge des positiven Klimatrends" einordne. Kurz: Es wird immer wärmer. Das sei unstrittig und habe "erhebliche Auswirkungen". "Der Winter wird immer kürzer, und in der Vegetation macht das einiges aus."

Jedoch gibt der Bauernverband eine Entwarnung. Für die Landwirte laufe es in diesem Jahr bisher gut, sagt Pressesprecher Markus Drexler. Im Winter habe es so viel geregnet, dass die Wasservorräte wieder aufgefüllt seien. Die Wuchsbedingungen für die Pflanzen seien derzeit ideal.

Sorge machen den Bauern eher die kommenden Eisheiligen und mögliche Spätfröste, so wie jedes Jahr. Das schlimmste Szenario: Wenn die Temperaturen anhalten, bekommen die Pflanzen einen Wachstumsschub. Frühreife Pflanzen haben bei Frost allerdings schlechtere Chancen als normalreife. Sollte es zu Frost kommen, erleiden die Pflanzen dadurch größere Schäden. "Wenn Pflanzen noch nicht so weit sind, können sie Fröste besser verkraften", sagt Drexler. Dann hätten sie "Überlebensstrategien".

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Weniger Überlebensstrategien haben dagegen Zugvögel, erklärt Stefanie Gansbühler vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz. Sollte es weiter sehr warm bleiben, seien das Wetteranomalien, die dazu führen, dass Zugvögel zu früh zurückkommen. Problematisch wird es vor allem dann, wenn dadurch Brutplätze schon belegt seien. Gansbühler zieht als Beispiel Mauersegler und Spatzen heran: Wenn die Mauersegler zu früh dran sind und Spatzen schon in den Gebäudenischen von Mauerseglern brüten, werden die Spatzen von den Mauerseglern rausgeschmissen. Dazu muss man wissen: Mauersegler sind sehr ortstreu. Sie wohnen, wie Menschen, in einem Haus, das sie immer wieder finden, die gleiche Nische, Jahr für Jahr, auch wenn sie Hunderte Kilometer entfernt überwintert haben und das Haus zwischenzeitlich einen neuen Anstrich bekommen hat. Die anhaltende Hitze hat den zusätzlichen Nebeneffekt, dass den frisch gebrüteten Mauerseglern zu warm ist und sie das Nest verlassen, bevor sie flügge sind. Auf sich allein gestellt haben sie allerdings nur geringe Überlebenschancen.

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