Wahlfälschungsaffäre:Verteidigung will Prozessende

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Verfahren gegen Spargelbauern sei belastend wegen langer Dauer

Von Andreas Glas, Regensburg

Im Prozess um die mutmaßliche Wahlfälschung in Geiselhöring (Landkreis Straubing-Bogen) sieht die Regensburger Staatsanwaltschaft keinen Anlass, das Verfahren gegen den Spargelbauern Karl B. einzustellen. Es gebe "noch viel zu klären und viele Beweise zu erheben, bevor der Gedanke einer Einstellung gedacht werden könnte", sagte Oberstaatsanwältin Christine Müller am Donnerstag, dem zweiten Tag des Verfahrens am Landgericht Regensburg. Müller reagierte damit auf den Einstellungsantrag, den die Verteidigerinnen des Angeklagten beim Prozessauftakt am Montag gestellt hatten. Die Richter haben sich bislang noch nicht zu dem Antrag geäußert.

Die Verteidigerinnen begründen ihren Antrag damit, dass das Verfahren gegen Karl B. inzwischen schon fast sechs Jahre dauert. Dazu komme die mediale Berichterstattung über das Verfahren, das für den 58-Jährigen derart belastend und geschäftsschädigend gewesen sei, "dass vorliegend jede strafrechtliche Sanktion von vorneherein unverhältnismäßig wäre", sagte Anwältin Ricarda Lang. Es liege "ein Bestrafungsverbot vor, das zwingend die Verfahrenseinstellung zur Folge haben muss". Um die Belastungen für ihren Mandanten darzustellen, lasen B.s Verteidigerinnen am Donnerstag aus Dutzenden Presseberichten zur Geiselhöringer Affäre vor. Es habe "über Jahre hinweg Vorverurteilung" stattgefunden, sagte Ricarda Lang. Auch der frühere Geiselhöringer Bürgermeister Bernhard Krempl (Freie Wähler) und Landrat Josef Laumer (CSU) hätten mit ihren öffentlichen Aussagen "permanent Dreck über meinen Mandanten und seine Familie" gekippt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Karl B. vor, die Stimmzettel mehrerer Hundert Erntehelfer selbst ausgefüllt oder die Helfer angewiesen zu haben, wo sie auf den Briefwahlunterlagen ihre Kreuzchen machen sollen. In der Anklage ist von einem "Tatplan" die Rede, den B. "leitete, überwachte und kontrollierte". Von den Stimmen der Saisonarbeiter sollen mehrere CSU-Kandidaten profitierten haben. Dazu gehörten neben B.s Ehefrau, die für den Kreistag kandidierte, auch sein Cousin, eine Mitarbeiterin seiner Firma und der Freund seiner Tochter, die sich jeweils für den Stadtrat bewarben.

Der Spargelbauer bestreitet, die Wahl gefälscht zu haben. Er sieht die Schuld bei der Stadt Geiselhöring, die für mehr als 400 rumänische Saisonarbeiter Briefwahlunterlagen ausstellte - unrichtigerweise, wie das Landgericht im Oktober in einem parallelen Schadenersatzverfahren des Landkreises gegen Karl B. feststellte. Die Wahl, die später wiederholt wurde, sei "von Anfang an und ohne einen möglichen Tatbeitrag des Angeklagten ungültig" gewesen, sagte Lang.

Dass sich das Verfahren gegen Karl B. immer wieder verzögerte, hatte mehrere Ursachen. Ursprünglich hätte der Prozess bereits im Januar 2018 beginnen sollen. Doch weil die Staatsanwaltschaft den Strafverteidigern nicht alle Beweismittel zugänglich gemacht hatte, wurde das Verfahren damals kurzfristig wieder abgesagt. Beim zweiten Anlauf im Oktober 2018 wurde der Prozess nach zwei Tagen ausgesetzt. Diesmal, weil die Strafverteidigung keinen Zugang zu allen digitalen Ermittlungsakten bekommen hatte. Der dritte Anlauf im März 2019 scheiterte, weil der angeklagte Spargelbauer krank und damit nicht prozessfähig war. Vor dem vierten Versuch setzte das Landgericht den Prozess im September 2019 von sich aus ab. Der Grund: Überlastung. Weil in Regensburg zwischenzeitlich 18 Richter fehlten, bekamen zunächst jene Verfahren den Vorrang, bei denen Angeklagte in Untersuchungshaft sitzen.

Für den fünften Anlauf des Verfahrens hat das Regensburger Landgericht nun zunächst 14 Prozesstage angesetzt und zwölf Zeugen geladen. Läuft diesmal alles nach Plan, könnte am 3. April ein Urteil gesprochen werden.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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