Huchen in bayerischen Flüssen:Der Riese macht sich rar

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Sieht gut aus, schmeckt gut - und wird immer seltener: Der Huchen ist mit einer Länge von 1,50 Metern Bayerns einer der größten Raubfische in den Flüssen. (Foto: Herbert/OH)
  • Der Huchen ist zum "Fisch des Jahres 2015" gekürt worden.
  • Der Raubfisch, der bis zu 1,50 Meter lang und 30 Kilogramm schwer werden kann, kam früher häufig in der bayerischen Donau und ihren Zuflüssen vor.
  • Heute steht der Huchen auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten.

Von Christian Sebald, München

Er ist eine wahrhaft majestätische Erscheinung: ein lang gestreckter Körper mit einem kupferfarbenen-rotbraunen Rücken und dunklen Tupfen. Der mächtige Kopf ist abgeflacht. Das Maul reicht bis weit hinter die Augen und ist mit kräftigen Zähnen bewehrt. Der Deutsche Angelfischerverband und das Bundesamt für Naturschutz haben den Huchen zu ihrem "Fisch des Jahres 2015" gekürt.

Einst war der Raubfisch, der bis zu 1,50 Meter lang und 30 Kilogramm schwer werden kann, weit verbreitet in der bayerischen Donau und all ihren Zuflüssen. Und auch heute noch treffen Fischer immer mal wieder mächtige Exemplare an. Mit ein wenig Glück kann man dieser Tage sogar mitten in München welche in der Isar beim Laichspiel beobachten. Insgesamt aber sind die Huchen-Bestände in Bayern längst so dramatisch geschrumpft, dass die Art auf der Roten Liste steht.

Schlechter Zustand der bayerischen Flüsse

"Dass es so schlimm um den Huchen steht, hat mit dem schlechten Zustand unserer Flüsse zu tun", sagt Albert Göttle, der Präsident des Landesfischereiverbands in Bayern. "Sie sind so kanalisiert und verbaut, dass die Huchen wie so viele andere Fischarten auch kaum noch die Lebensräume haben, die sie brauchen - ob das nun zum Jagen ist oder zum Laichen." Der Raubfisch, der zu den Salmoniden zählt und deshalb auch Donaulachs genannt wird, fühlt sich in schnell fließenden, kühlen und sauerstoffreichen Flüssen mit steinigem oder kiesigem Untergrund wohl. Die gibt es aber kaum noch in Bayern. Ob Inn, Isar, Lech, Iller oder die Donau selbst: Die Flüsse im Freistaat sind reguliert und aufgestaut. In vielen Abschnitten ist aus ihnen eine Kette von Stauseen geworden. Die Folge: Die Flussböden verschlammen so sehr, dass die "Könige der Alpenflüsse", wie die Huchen auch genannt werden, keine Laichgründe mehr finden.

Alles in allem gibt es in den bayerischen Flüssen und Bächen 60 000 Stauwehre. Allein deshalb sind von den ursprünglichen Lebensräumen der Huchen kaum noch fünf Prozent übrig geblieben. Dabei zählen die Raubfische gewiss nicht zu den Weitwanderern, sie legen Distanzen von höchstens 100 Kilometern zurück. Ein Übriges tun die vielen Wasserkraftwerke, ob es nun die gut 200 großen Anlagen sind oder die gut 4000 kleinen und mittleren. Die Schaufelräder ihrer Turbinen zerhäckseln nicht nur Tausende Huchen, sondern auch Unmengen anderer Flussfische. Selbst Wanderhilfen und Fischtreppen sind vielerorts kein Ausweg für die Huchen. Sie sind oft so klein dimensioniert, dass die großen Raubfische sie nicht passieren können.

Aber auch Kohlekraftwerke wie in München-Unterföhring und der Atomreaktor Isar 2 spielen den Raubfischen übel mit. Vor allem in heißen Sommern. Denn da zapfen sie so viel Kühlwasser aus der Isar ab und leiten es so aufgeheizt in sie zurück, dass es die Huchen schlicht nicht mehr aushalten. "Wenn das Flusswasser mehr als 21 Grad warm ist, wird es für die Huchen gefährlich", sagt der Fisch-Experte Sebastian Hanfland. "Und 24 Grad Wassertemperatur sind tödlich für sie." Allein in der Isar unterhalb von Landshut - dort wo die beiden Atomkraftwerke Isar 1 und Isar 2 stehen - wurden in den Hitzesommern 2003, 2006 und 2010 Wassertemperaturen von bis zu 28 Grad gemessen. "Das ist der Grund, warum dort der Huchen in den letzten Jahren komplett verschwunden ist", sagt Hanfland.

Dass es überhaupt noch Huchen gibt in den bayerischen Flüssen, das hat mit den Fischern zu tun. Mit immensem Aufwand und viel Geld züchten sie jedes Jahr Zigtausende Jungfische nach und setzen sie in Iller, Lech, Isar und Inn und den anderen Donauzuflüssen aus. Und zwar schon seit mehr als hundert Jahren. Dabei stand anfangs durchaus noch im Vordergrund, dass der Huchen ein überaus schmackhafter Speisefisch ist, Kenner halten ihn gar für den feinsten aller Lachsfische. Auch die Lust der Fischer am Fangerlebnis hat gewiss eine wichtige Rolle gespielt und spielt sie nach wie vor. Zählt doch der Huchenfang zum schwierigsten Fischfang überhaupt. "Unter tausend Rutenwürfen geht nichts", zitiert Fischereipräsident Göttle ein geflügeltes Wort seiner Fischer.

"Das aber ist es längst nicht mehr alleine", sagt der Experte Hanfland. "Für viele Fischereivereine sind der Arten- und der Naturschutz ein zentrales Motiv, warum sie Nachzucht und künstlichen Besatz betreiben."

Den natürlichen Lebensraum verbessern

Dabei sind auch diese Erhaltungsmaßnahmen durchaus umstritten. Allein wegen der immer geringeren genetischen Vielfalt der Bestände. "Aber auch deshalb, weil sie immer nur eine Notmaßnahme für eine Übergangszeit sein können", wie Christel Happach-Kasan, die Präsidentin des Deutschen Angelfischerverbands sagt. "Ziel muss sein, die natürlichen Lebensräume der Huchen so zu verbessern, dass sich die Bestände von alleine stabilisieren."

Der erste Schritt hierfür ist der Erhalt der letzten freifließenden Flussabschnitte in Bayern. "Die Zerstörung unserer Flüsse und Bäche muss endlich ein Ende haben", sagt auch Fischereipräsident Göttle. "Wo immer es geht, müssen wir Stauwehre abbauen, Betonschwellen herausreißen und Flüssen und Bächen wieder ihren vormaligen Lauf zurückgeben."

Und zwar nicht nur, damit die Huchen eine Überlebenschance haben. Sondern auch all die anderen heimischen Fischarten, die auf der Roten Liste stehen.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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