Urteil:Haftstrafen für Eltern von verletztem Buben

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Als eine Mitarbeiterin des Jugendamtes den Buben im Haus seiner Eltern entdeckt, liegt er mit schweren Brandverletzungen kaum mehr ansprechbar auf dem Sofa, zittert am ganzen Körper und wimmert vor sich hin. Zu mehreren Jahren Haft hat das Landgericht Regensburg am Donnerstag ein Paar verurteilt, das seinen heute sechs Jahre alten Sohn trotz lebensbedrohlichem Zustand nicht ärztlich behandeln ließ. Der Vater erhielt eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, die Mutter von drei Jahren und neun Monaten. Sie müssen außerdem 30 000 Euro Schmerzensgeld zahlen. "Es war nicht immer alles schlecht, aber am Ende war nichts mehr gut", fasste der Vorsitzende Richter, Carl Pfeiffer, bei der Urteilsbegründung die familiären Verhältnisse des Paares mit fünf Kindern zusammen.

Was wirklich im Herbst 2016 in einem Garten in Waldmünchen (Kreis Cham) und in den darauffolgenden vier Tagen geschehen sei, habe in der Hauptverhandlung nur bruchstückhaft geklärt werden können, bedauerte Pfeiffer. Die Angeklagten schwiegen zu den Vorwürfen. Und das Jugendamt verweigerte die Zustimmung, die Kinder als Zeugen zu vernehmen. So versuchte die Jugendkammer mit mehr als 40 anderen Zeugen Licht ins Dunkel zu bringen. Als gesichert gilt, dass die Mutter am 30. September mit einem in Brand geratenen Benzinkanister im Garten hantierte. Dabei erlitt der Bub, der direkt daneben stand, Brandverletzungen zweiten und dritten Grades. Weil das Paar schon am früheren Wohnsitz Probleme mit den Behörden hatte, verständigte es nach Überzeugung des Gerichts aus Angst vor dem Jugendamt keinen Arzt - auch nicht, als es dem Kind von Tag zu Tag immer schlechter ging . "Der Junge wäre ohne ärztliche Behandlung gestorben - das war keine Frage ob, sondern wann", sagte der Richter.

Die Pächterin der Tankstelle hatte Jugendamt und Polizei informiert, weil ihr das Verhalten und die Verletzungen des Kindes merkwürdig vorgekommen waren. Der Junge musste mehrere Operationen und Hauttransplantationen über sich ergehen lassen. Als er aus der Narkose aufwachte, sagte er zu den Ärzten: "Meine Mama hat mich angezündet."

© SZ vom 01.12.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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