Unter Bayern:Warnung vor der Dauerwelle

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Neuerdings gilt der schreckliche Modetrend aus den Achtzigerjahren bei Männern wieder als schick. Das weckt schlimme Erinnerungen an einen Fehler in der Jugendzeit

Kolumne von Sebastian Beck

Liebe Knaben und heranwachsende Männer, diese Zeilen sind heute als Mahnung an euch gerichtet. Wenn euch jemand vorschlägt, dass ihr euch eine Dauerwelle legen lassen sollt, weil dies angeblich wieder angesagt sei: Glaubt ihm nicht! Lasst euch lieber eine Glatze rasieren und grün lackieren als eine Dauerwelle aufschwatzen! Wiederholt nicht den Fehler, den einst ein Jüngling aus Markt Schwaben beging! Damals schickte ihn seine Mutter zum Friseur, weil ihm die Haare schulterlang herabhingen, worauf er sehr stolz war. "Die Zotzen müssen runter", lautete der Marschbefehl.

Aus Wut ließ sich der Jüngling beim Friseur eine sogenannte Sepp-Maier-Dauerwelle legen. Diese Haartracht war damals besonders unter Hauptschülern beliebt, die eine Honda Monkey fuhren und sich auf dem Sportplatz von Markt Schwaben einen Spaß draus machten, Gymnasiasten zu vermöbeln. Jedenfalls saß der Jüngling zwei Stunden lang beim Friseur und schaute sich im Fernsehen den Countdown zu einem Space-Shuttle-Start an. Dann nahm der Friseur die Lockenwickler ab, föhnte ihn, reichte ihm die Brille und sprach: "Fertig."

Im Spiegel erkannte der Jüngling einen Menschen, der nicht wie der Tor-wart des FC Bayern aussah, sondern wie Jahre später der Komiker Atze Schröder, was er da aber noch nicht wissen konnte. Als er sich im Spiegel betrachtete, fiel ihm deshalb überhaupt niemand ein, der so aussah wie er oder jemals so ausgesehen hatte. Kurzum: Er sah aus wie ein Arsch mit Ohren.

Die Mutter bedachte ihn mit einem Schimpfwort, das hier nicht wiedergegeben werden kann. Insofern war die Aktion sehr erfolgreich. Als danach zwei Freunde zu Besuch kamen, wälzten sie sich vor Lachen am Boden und prophezeiten ihm einen großen Gala-Auftritt in der Schule. Der Jüngling nahm also sein letztes Geld und ging sofort zu einem anderen Friseur, der im Ort bei modebewussten Herren schlecht beleumundet war. Der zog ihm die Dauerwelle für zwölf Mark wieder raus. Nun erinnerte sein Spiegelbild mehr an einen jungen Waldkauz mit Federflaum am Kopf. Der Jüngling aber war erleichtert und glücklich. Und 60 Mark ärmer.

All das kommt davon, wenn man sich eine Dauerwelle machen lässt.

© SZ vom 26.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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