Unter Bayern:Tiere, Bilder, Kinderbücher

Lesezeit: 1 min

In der Politik ist eine eingängige Bildsprache gefragt. Die Grünen bekommen das ziemlich gut hin, die SPD dagegen formuliert immer noch zu lange Sätze. Und Verkehrsminister Andreas Scheuer kommt sich wohl gerade vor wie der kleine Maulwurf

Kolumne von Franz Kotteder

Nun, da die Bienenkostüme erst einmal aus den Fußgängerzonen verschwunden sind, bevor sie im Faschingsendspurt wieder zum Einsatz kommen, kann man es sagen: Zu viel Text ist schlecht in der Politik. Die bayerische SPD sollte das eigentlich wissen, trotzdem druckt sie immer noch ganze, vollständige Sätze auf ihre Plakate. Und dann erst ihre Positionspapiere ... Die Grünen hingegen haben es drauf: Fürs Abschlussfoto ihres Landesparteitags in Bad Windsheim hielten sie einfach nur Bildtafeln in die Höhe, mit Igeln, Hasen und anderen süßen Tierchen drauf. Wer möchte da schon widersprechen? Mit Bilderbüchern gewinnt man Wahlen und wird zur kleinen Raupe Nimmersatt, was Stimmenanteile angeht.

Kulturpessimisten mögen da von "Infantilisierung der Politik" raunen. Aber fürs geistig Anspruchsvolle haben Bayerns Grüne schließlich noch ihre Fraktionschefin im Landtag. Von parteiinternen Gegnern wird sie manchmal "Grinsekatz" genannt, nach einer Figur aus dem Kinderbuch "Alice im Wunderland", aber wenn sie von den Plakaten strahlt, als sei die ganze Politik eine einzige Semesterparty, dann ist eines auch klar: Für eine Semesterparty braucht man immerhin die Allgemeine Hochschulreife!

Ministerpräsident Markus Söder wirkt in diesem Umfeld fast wie ein miesepetriger Intellektueller. Insbesondere, wenn er zusammen mit seinem putzigen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auftritt. Söders Versuche mit Bildsprache gingen bislang in die Hose: Bei der Aktion mit dem Kreuz dachte man unwillkürlich an Vampire und Knoblauch, und bei den Fotos mit Hundewelpen und Lämmern auf dem Arm schwankten die ersten Assoziationen zwischen "guter Hirte" und "böser Wolf", mit starker Tendenz zu letzterem. Trotzdem, im Vergleich mit seinem CSU-Parteifreund Andreas Scheuer, dem Bundesverkehrsminister, ist er grad fein raus. Wenn Scheuer beim gesunden Menschenverstand auf Lungenärzte mit Rechenschwäche baut, dann fragt man sich bang: Welche Experten machen ihm jetzt die Tarife bei der Autobahnmaut? Häme ist aber fehl am Platz, denn wahrscheinlich fühlt sich Scheuer momentan eh wie die Hauptfigur im Kinderbuch vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: