Unter Bayern:Roter Genosse und Heißer Horst

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Manche Politiker sind so prägend, dass die deutsche Sprache ihnen feststehende Begriffe verdankt: Sommerstoiber und Merkel-Raute zum Beispiel. Dass sogar Süßes nach ihnen benannt wird, haben noch nicht so viele geschafft

Kolumne von Katja Auer

Es gibt diesen kurzen Spannungsmoment jedes Jahr, wenn die Lebkuchenzeit vorbei ist, irgendwann im Februar/März/ April. Wenn Elisenlebkuchen, Dominosteine und Spekulatius aus der Auslage geräumt werden und viele, manche leicht bange, der Rückkehr von Giuseppe/Antonio/Alfredo harren. In Bayern, mögen sich Münchner und Regensburger noch so italienisch fühlen, sind Eisdielen ein Saisongeschäft, den Winter verbringen viele Betreiber gerne im Süden und so bleibt ein Restrisiko, dass sie nicht mehr wiederkommen. Wenn doch, kann endlich die Debatte wieder losgehen, wie viel die Kugel Eis im vergangenen Jahr gekostet hat (und wie viel vor 20 Jahren, diese Diskussion wurde an dieser Stelle ja kürzlich bereits dargelegt) und ob das Spaghetti-Eis noch genauso gut schmeckt.

Warum dieser Eisbecher so heißt, erschließt sich auf den ersten Blick, das ist längt nicht bei jeder Kreation der Fall. Dafür wäre möglicherweise der Name von Fürst Hermann von Pückler-Muskau nicht mehr so geläufig, hätte nicht ein Hofbäcker sein Dessert nach ihm benannt. Eine solche Ehrung ist den meisten Politikern bislang verwehrt geblieben, zwar hat sich in CSU-nahen Kreisen der "Sommerstoiber" als Begriff für den leichten Trachtenjanker durchgesetzt und auch die Merkel-Raute wird wohl eine Zeit überdauern. Aber allein Thomas Goppel, langjähriger CSU-Minister, Generalsekretär und Ministerpräsidenten-Sohn, hat es bislang auf eine Speisekarte geschafft. In der Landtagsgaststätte wird der "Goppel Kuss" angeboten, Schokoladeneis auf Naturjoghurt. Die Kreation wird ihm zugeschrieben, den Namen führen manche auf seine bevorzugte Art der Begrüßung zurück. Weitere Varianten gibt es bislang nicht, dabei wäre ein "Heißer Horst" gut vorstellbar, Horst Seehofer verzehrte auf der Terrasse mit dem wunderbaren Blick über München gerne mal ein Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Nach Markus Söder ließe sich allenfalls ein Wassereis benennen, der Ministerpräsident ist erklärter Cola-Light-Trinker. Eine "Grüne Eisbombe" steht ebenfalls noch aus, irgendwas Großes aus Bio-Pistazien und sehr viel Sahne. Von heimischen Kühen, versteht sich. Und für die Genügsamen bliebe der "Rote Genosse": eine sehr kleine Kugel Erdbeereis.

© SZ vom 08.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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