Unter Bayern:Haarige Nöte in Corona-Zeiten

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Neben vielem anderen war der Bader früher auch für die Haarpflege zuständig. Nachdem die Friseure allesamt zum Nichtstun verdammt sind, wäre ein solcher Universalist auch in der aktuellen Corona-Not von Nutzen

Kolumne von Hans Kratzer

Ein Corona-Test bringt es mit sich, dass mit einem Stäbchen ein Abstrich im Rachen gemacht wird. Die Testperson muss den Mund weit öffnen, wobei das Einführen des Stäbchens in den Schlund einen Husten- und Würgereiz auslöst. Ähnliches erlebte früher jeder Jüngling, der für den Barras untersucht wurde. Außer dem Rachen wurden dabei auch andere Körperöffnungen inspiziert. Der Fichtlscherer Ludwig, zu Lebzeiten als Regensburger Original bekannt, hat einmal mit heiligem Ernst geschildert, wie er die Untersuchung eines Kameraden miterlebt hat. Demnach sagte der Doktor zu dem Manne, er solle seinen Hintern herstrecken und die Backen weit auseinanderziehen. Es dauerte dann ein bisserl, bis ihn das Personal in die passende Stellung gebracht hatte, was seine Besorgnis aber nicht linderte. In seiner Not fragte er: "Soll ich jetzt noch amal husten?" "Nein, um Gotteswillen, ja nicht", rief er Doktor im sicheren Wissen, dass ein Husterer in einer solchen Bückhaltung meistens keinen Segen abwirft.

Früher war für solche Prüfungen der Bader zuständig, der umständehalber auch gleich die Zähne riss und die Haare schnitt. Ein solcher Universalist wäre auch in der aktuellen Corona-Not von Nutzen, da die Friseure allesamt zum Nichtstun verdammt sind. Selbst bei den vielen Corona-Sendungen im Fernsehen ist unübersehbar, dass viele Frisuren geschlechterunabhängig aus der Fasson geraten sind, es sei denn, der Scheitel hat sich in seiner Breite bereits vom rechten bis zum linken Ohr ausgedehnt.

Den Buben wurden früher die Haare von den Ohren aus weit hinaufrasiert, es war der Undercut der Nachkriegszeit. Der alte Friseur Wastl Pitz fragte stets: "Soll ich dir a Glatzn schneiden oder a Fasson?" Weil er sparsam war, schaltete er das Licht im Kammerl nur selten ein. Wenn es finster wurde, bat er den Wartenden, er möge doch die Tür aufmachen, "weil ich nix seh". Das half aber auch nichts, da es draußen genauso finster war wie drinnen. So schnitt er halt in die Fasson ein paar Staffeln hinein, aber Schönheit spielte damals keine Rolle. Heute wird dieser Undercut als Mode verkauft. Fußballer engagieren teure Star-Coiffeure für diesen seltsamen Schnitt, über den der Pitz Wastl sagte: "Wia da Acker, so de Ruam, wia da Bauer, so de Buam!"

© SZ vom 11.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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