Unter Bayern:Großes Kino in Gailsbach

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Die Doku des Bayerischen Fernsehens war voller großer und kleiner Weisheiten

Von Hans Kratzer

Die kürzlich im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlte Dokumentation "24 Stunden Bayern" hat ein faszinierendes Panorama dieses Landes gezeichnet. Als die Sendung in die zwölfte Stunde ging, erlebte sie einen kurzen Höhepunkt, den wohl viele gar nicht wahrgenommen haben. Er bestand aus einem Satz, der deutlich machte, warum das ländliche Bayern für viele Zugereiste ein Mysterium ist. Zunächst marschierte die Freiwillige Feuerwehr von Gailsbach (Landkreis Regensburg) im Rhythmus einer Blaskapelle ins Bild, sie feierte gerade ihr 140-jähriges Bestehen. Fast lapidar verlas die Sprecherin das Festprogramm: "Am Abend spielt Saxndi flotte Musik, am Samstag ist Totengedenken und Kabarett ..."

Das war großes Kino, kein Wort und kein Bild könnten treffender darlegen, wie eng der Tod und der Humor in diesem Land umschlungen sind. Wie kaum ein anderes Volk sind die Bayern bereit, selbst auf ihren Freudenfesten ein unverkrampftes Nebeneinander von Totenkult und Kabarett zu pflegen.

Allerdings ist deshalb schon so manches Leichenmahl ausgeartet. Der Autor Valentin Reitmajer schrieb einmal, als Ministrant habe ihn bei einer solchen Gelegenheit der Übermut dazu verleitet, mit dem Löffel in die Leberspätzlesuppe zu klatschen, "weil man damit den Nebenmann so schön anspritzen konnte. Selbstverständlich ließ es sich der Nachbar nicht nehmen, sich zu revanchieren, so dass unser Tisch bald einem kleinen Schlachtschiff glich". Gaudi hin oder her, für diese Schandtat hagelte es einige Watschn.

Kurz bevor abends die 13. Stunde der Fernseh-Doku anbrach, war die Allgäuer Tierärztin Birke Steinbach zu sehen, wie sie mit martialischem Werkzeug, aber doch recht gelassen einigen Stierkälbern die Hoden wegzwickte.

Umso lauter stimmte gleich danach die Gailsbacher Feuerwehr, gestählt von allerlei anderen Notfällen, ihre Freudengesänge zur Fahnenweihe an: "Ein Prosit, ein Prohosit der Gemühütlichkeit!" Und ein Feuerwehrmädchen gab im Angesicht des Elends dieser Welt mit überzeugender Stimme den Takt zur humorvollen Bewältigung desselben vor: "Ein dreifaches Zickezackezickezacke, Prost Prost Prost ...!"

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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