Unter Bayern:Entsaget dem Verlangen

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Eine Frau aus Passau hat es auf der Erotikmesse in Berlin zu Ruhm gebracht

Kolumne von Hans Kratzer

Jasmin, eine aus dem Raum Passau stammende junge Frau, macht Furore auf der weltgrößten Erotikmesse in Berlin, wo sie für einen Preis nominiert ist. Im Sommer hatte sie einen Skandal erregt, als sie nahe Passau unter freiem Himmel einen Pornofilm drehte. Ihr unzüchtiges Treiben entfachte in den Medien eine Debatte, in der das Bemühen um Keuschheit ebenso verteidigt wurde wie die Ausschweifung. Dem Argument, das gottlose Internet stärke die Sünde und die Unkeuschheit, wurde das Beispiel des heiligen Augustinus entgegengestellt, dessen geschlechtlicher Eifer in der Jugendzeit ungezügelt war. Ihm wird nachgesagt, er habe zu Gott gebetet, ihn keusch zu machen, "aber nicht gleich!"

Allgemein betrachtet, hatten auch die Bayern ihre Triebe nur mäßig im Griff, selbst in jener Zeit, als sie noch an Gott, an den König sowie an die CSU glaubten. In einem Ranking aus dem Jahr 1865 verzeichnet das Land die meisten unehelichen Geburten - und zwar europaweit. Da half es auch nichts, dass die strenge Schwester Alrika die Knaben in der Regensburger Leonhardi-Anstalt mit strengster Miene ermahnte: Wer mit seinem Pipperl spiele, dem wüchsen schwarze Haare zwischen den Fingern. Und den Mädchen wurde eingetrichtert, sie sollten nur ja den Trieben des Körpers widerstehen und dem schmutzigen Verlangen der jungen Burschen nicht nachgeben.

In Straubing muss es aber trotzdem Mädchen gegeben haben, die sich über die Mahnungen hinwegsetzten. Da eine zur Leichtlebigkeit neigende Frau in der Alltagssprache die Bezeichnung Britschn trägt, ist eine Affinität zum Pritschenwagen auf jeden Fall gegeben. Ein Kraftfahrer, der mit einem solchen Gefährt ein Kanapee entsorgen sollte, steuerte lieber ein Straubinger Nachtlokal an, wo er Frauen aufgabelte, die mit ihm in die lauschige Natur hinausfuhren. Das Kanapee auf der Ladefläche stand seinen Worten zufolge der Zweisamkeit nicht im Weg.

Gegen die Aufwallungen des bayerischen Wahlkampfs aber verblasst sowieso jede Erotik. Während es bei den Politikern dampft und kracht, sieht der Ethnologe Mc Cormack in den hiesigen Liebesangelegenheiten, Jasmin hin oder her, überwiegend stumme Pflichterfüllung obwalten. Für den Höhepunkt der nächsten Woche muss der Wahltag sorgen.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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