Unter Bayern:Eine Schuppe fürs Portemonnaie

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Endlich ist die Völlerei vorbei. Dabei ist die ohnehin nicht mehr zeitgemäß. Wer traut sich schon noch, Tiere zu essen. Gut, dass es Alternativen gibt

Kolumne von Katja Auer

Die Feiertage sind überstanden und damit auch die Völlerei, zumindest bei den Menschen, die sich eine solche noch trauen. Es ist ja beinahe nicht mehr gesellschaftsfähig, an Weihnachten eine Gans in den Ofen zu schieben. Ein Tier, das tut man nicht. Der Protest zumindest aller jüngeren Familienmitglieder ist programmiert, wer freitags für das Klima protestiert, kann feiertags unmöglich ein Lebewesen verspeisen. Ein festlicher Grünkernbratling wäre da eher angebracht und das Blaukraut ohne Entenfond.

Gut, auf der anderen Seite legen auch junge Menschen wieder Wert auf Tradition, es wird Dialekt gesprochen und Tracht getragen, da muss halt dann bedacht werden, ob sich das Wienerle zum Kartoffelsalat am Heiligen Abend einfach so durch ein Tofuwürstchen ersetzen lässt.

Glücklicherweise gibt es Gerichte, vor deren Genuss keine Gewissensentscheidung steht. Linsen und Spatzen beispielsweise, oder auch Schboozn, wie es in Franken korrekterweise heißen muss. Diese Mehlklößchen samt einer dickflüssigen Linsensuppe verzehren die einen schon an Weihnachten, die anderen dann an Neujahr oder spätestens am Dreikönigstag, weil die Linsen das finanzielle Auskommen im neuen Jahr sichern sollen. Freilich wäre ein Bockwürstchen schmackhaft in den Linsen oder ein Stück geräuchertes Wammerl, aber das ist nicht unbedingt nötig. Geld soll auch das Sauerkraut bringen, das an Neujahr gerne zusammen mit ein paar Bratwürsten verspeist wird. Ach so, Bratwürste, schwierig. Genau wie der Karpfen, der mancherorts an Silvester gegessen wird und von dem eine Schuppe im Portemonnaie dieses das ganze Jahr über gut gefüllt halten soll. Aber auch ein Tier, also eher nicht.

Erfreulicherweise ist es mit den Getränken weniger kompliziert, Bier zum Beispiel ist vegan. Jenes, das nach dem Reinheitsgebot gebraut worden ist, zumindest, aber das passt ohnehin besser zur Tradition. Zu der etwa, sich an Heilig Drei König Stärke für das neue Jahr anzutrinken. Wer auf Nummer sicher gehen will, trinkt ein Seidla pro Monat, auch wenn das auf den ersten Blick kontraproduktiv erscheinen mag. Aber klimamäßig kann wirklich keiner was sagen.

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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