Unter Bayern:Ein Zoigl auf die Resl

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Zu Besuch in einem der seltsamsten Orte Bayerns: Konnersreuth in der Oberpfalz. Das Irrationale - dort existiert es noch

Von Sebastian Beck

Zu den seltsamsten Orten Bayerns zählt Konnersreuth in der Oberpfalz. Die Marktgemeinde liegt 250 Kilometer nördlich von München und wirbt unter anderem mit dem Spruch: "Die Küche unserer Region ist ehrlich, natürlich und von besonderem Geschmack. Und Essen und Trinken halten ja bekanntlich Leib und Seele zusammen." Für Therese Neumann, die bekannteste Bürgerin Konnersreuths, galt das eher weniger. Sie wurde die meiste Zeit ihres Lebens ausschließlich von Hostien und Gebeten zusammengehalten, so jedenfalls will es die Legende. 53 Jahre nach ihrem Tod wirkt Konnersreuth geradezu verreselt: Theresianum, Grab, Wohnhaus - lauter Weihestätten.

Neben ihrem Gartenhaus am Dorfrand haben ihre Anhänger eine Art Informationszentrum errichtet. Dort erklärt die Gärtnerin den Touristen das Wunder von Konnersreuth auf simpelste Art: Warum hätte sich die Resl so einen anstrengenden Betrug ausdenken sollen? Nie was essen? Jeden Freitag die Wundmale Christi am eigenen Leib verspüren? Und all die Visionen - freiwillig macht das doch kein Mensch durch! Man könnte nun argumentieren, dass Resl aus dem Kaff in der Oberpfalz damit immerhin weltberühmt wurde. Man könnte auch anführen, dass sie laut Zeugen neben Pichelsteiner gerne Kaffee und Kuchen verspeiste und ihr Stoffwechsel in Wirklichkeit ganz irdischen Gesetzen folgte. Das vermeintliche Wunder von Konnersreuth - eine Freakshow, ein frommer Schwindel.

Und trotzdem ist der Friedhof voll von Dankesbezeugungen aus aller Welt: "Reserl hat geholfen." Konnersreuth mag wie ein Rückzugsort des düsteren, mittelalterlichen Katholizismus erscheinen, wo sich der Himmel nur den Leidenden öffnet, wo man sich am besten ein Bein abhackt, um spirituell vorwärts zu kommen. Das Irrationale, das Unbelehrbare, es existiert dort noch.

Aber gerade das macht den Besuch in Konnersreuth so faszinierend. Vor allem, wenn man sich danach beim Wirt ein Zoigl-Bier bestellt. Ein Prost auf die gar überaus seltsame Resl! Am 18. September ist übrigens wieder großer Gebetstag in Konnersreuth, damit sie der Vatikan endlich selig sprechen möge. Eine Volksheilige ist sie ohnehin schon.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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