Unter Bayern:Die Magie der Heiligen Walburga

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In Bayern vermischen sich - wie selbstverständlich - Glaube und Aberglaube. Schließlich schadet es ja nicht, auf Nummer sicher zu gehen

Kolumne von Katja Auer

Die Zeiten des Aberglaubens sind vorbei, stattdessen gibt es jetzt Künstliche Intelligenz, Pflegeroboter und Bavaria One. Was wahrscheinlich bedeutet, dass die Zukunft kurz bevor steht. Das allerdings hält die Menschen nicht zwingend davon ab, an gelegentliche Wunder zu glauben. Was soll es schließlich sonst sein, wenn das Handy mitten im Bayerischen Wald plötzlich Empfang hat? Und weil die Bayern bei allem Fortschritt ein traditionsbewusstes Volk sind, hat sich zudem mancher Brauch erhalten, der dem rein Rationalen widerspricht.

Zumindest ist nichts von einer physikalischen Notwendigkeit bekannt, bei einem Gewitter eine Wetterkerze anzuzünden oder sich am Dreikönigstag Stärke anzutrinken. Und es wird auch nichts mit Geocaching zu tun haben, wenn jemand den Heiligen Antonius um Unterstützung bei der Suche nach einem verlorenen Gartenhackl bittet. Ja, das wiederum gehört mehr zum Glauben als zum Aberglauben, aber da sind die Übergänge fließend.

Bald ist Walpurgisnacht, die Nacht zum 1. Mai, da hat der Aberglaube Hochsaison. Früher wurden Reisigbesen verkehrt herum aufgestellt und Salz auf die Türschwellen gestreut. Burschen zogen mit knallenden Peitschen durch die Straßen und alles nur, um Hexen und Druden fernzuhalten. Wenn heutzutage das Gartentürl ausgehängt ist, waren das nicht die Hexen auf dem Weg zum Blocksberg, sondern die Draggen aus der Nachbarschaft, weil in der Walpurgisnacht allerhand Unsinn erlaubt ist.

Dabei ist die Nacht der Hexen ausgerechnet nach einer katholischen Heiligen benannt, der Heiligen Walburga, die mit ihren Brüdern Willibald und Wunibald aus England herüberkam, um den Bayern den rechten Glauben zu bringen. Alle drei werden sie vor allem im Bistum Eichstätt verehrt, da ist auch das Grab der Walburga. Jedes Jahr tritt dort eine Zeitlang eine Flüssigkeit aus, die die Nonnen in winzige Fläschchen abfüllen und Pilgern gegen eine Spende überlassen. Das Walpurgis-Öl hilft bei festem Glauben gegen allerlei Zipperlein und hält vermutlich Unheil fern von Haus und Hof. Mit Künstlicher Intelligenz ist das freilich nicht zu erklären. Aber bei der ersten Raumfahrt der Bavaria One sollte vorsichtshalber ein Fläschchen an Bord sein.

© SZ vom 27.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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