Unter Bayern:Das Comeback des Hollers

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Früher haben vor allem Omas eingekocht, jetzt gilt Holunder als schickes Szenegetränk

Von Katja Auer

Der Sommer ist die Zeit der Erfrischungsgetränke, bei einer Hitze, wie sie zurzeit herrscht, verlangt der Körper nach Flüssigkeit. Ohnehin soll man ja viel trinken, das sagen Ärzte, auch wenn sie damit in der Regel kein Bier meinen. Andererseits gibt es Leute, ältere Männer auf dem Land meistens, die mit Wasser wenig anzufangen wissen. Waschen ja, wenn es denn sein muss, aber trinken? Sein Lebtag habe er noch kein Wasser getrunken, hat ein Landwirt aus der Oberpfalz wiederholt glaubhaft versichert, und er werde auch nicht mehr damit anfangen. Sprach's und verschloss nach einem Schluck Bier das Flascherl mit dem praktischen Bügelverschluss, der heute wohl retro genannt würde.

Er wäre sehr irritiert gewesen, hätte man in das verpönte Wasser auch noch ein Scheibchen Ingwer hineingelegt, eine Limonenscheibe und ein paar Blätter Minze. So wird es gemacht inzwischen, tagsüber, das gilt als erfrischend, und am Abend kommt Alkohol dazu. Inge heißt so ein Getränk dann, wenn Ingwer zum Rezept gehört, oder Hugo, wenn Holunderblütensirup untergerührt wird. Holunderblüten sind überhaupt total angesagt, sie sind gerade in den Fokus derer gerückt, die wieder alles selber machen. Holunderblütengelee, Holunderblütensirup, gebackene Holunderblüten. Als Großmütter das noch gemacht haben, und das ist gar nicht so lange her, mussten sie sich von ihren halbwüchsigen Enkeltöchtern anhören, dass der Teig viel zu fett sei und sie gebackene Holunderblüten auf keinen Fall essen wollten. Mit dem Sirup war es ähnlich, und wenn es schon süß sein sollte, dann wollten die Kinder lieber Nutella statt selbstgemachter Gelees.

Seit es aber die Fernsehköche vormachen, die Enkeltöchter älter geworden sind und die Rezepte in der Landlust stehen, ist der Holler wieder in. Bald bildet er seine Früchte aus, daraus lässt sich Saft machen. Den gab es früher bei Halsweh und Schnupfen, heißgemacht. Schmeckte fürchterlich. Heute kann man an Sommerabenden einen Schuss davon in den Prosecco kippen. Kommt ganz wunderbar an.

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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