Unter Bayern:Barmherziger Markus

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Bayerns Finanzminister kennt sich mit Mietgeschenken aus. Nicht für Flüchtlinge, sondern für fränkische Freunde

Von Franz Kotteder

Die Zeiten, in denen der Dorfpfarrer sonntags auf der Kanzel zur Wahl der CSU aufrief, sind langsam vorbei. Tempi passati, wie das im Priesterseminar heißt. Nicht nur deshalb, weil Dorfpfarrer heute oft aus fernen Weltgegenden kommen und so fremd aussehen, dass gestandenen CSUlern, etwa in Zorneding oder im Innenministerium, dazu nur der Hilfsausdruck "Neger" einfällt. Es liegt auch daran, dass es bei den schwarzen Politikern gelegentlich arg hapert mit der christlichen Nächstenliebe. Aufgefallen ist das jetzt in der Flüchtlingsarbeit tätigen Ordensleuten, die sehr befremdet waren über die Wortwahl von Ministerpräsident Seehofer und Finanzminister Söder, wenn es um Fremde geht, und die das in einem offenen Brief zum Ausdruck brachten.

Keine Frage, dass so etwas einen wie Markus Söder eher noch anstachelt. Der schlug umgehend zurück und kritisierte die Kirche, weil sie von den Landratsämtern Geld verlangt für die Unterbringung von Flüchtlingen. Das dürfen ungestraft bekanntlich nur die Besitzer von lange leer stehenden und vom Abbruch bedrohten Landgasthöfen, die möglichst der CSU angehören und bestenfalls im Ruf der Scheinheiligkeit stehen. Für wirkliche Heilige sowie die Kirchenoberen aber hat laut Söder zu gelten: "Barmherzigkeit braucht keine Miete."

Gut, dass das jetzt geklärt ist. Obendrein von einem Mann, der sich qua Amt nicht nur mit Finanzen auskennt, sondern auch mit barmherzigen Mieten. Eine solche hat Söder zum Beispiel dem Fränkischen Weinbauverband zugestanden für Räume in der Münchner Residenz, die dem Finanzministerium unterstehen. Der Zusammenschluss fränkischer Winzer will dort eine "Weinlounge" einrichten, um seine Produkte besser zu vermarkten. Im ersten Jahr zahlt er in der Residenz eine Mindestpacht von 10 000 Euro, das macht pro Quadratmeter - für Münchner Verhältnisse - sehr günstige 9,26 Euro. Die Mindestpacht soll freilich steigen und später mal 27,77 Euro pro Quadratmeter betragen. In dieser Innenstadtlage zahlen Münchner Gastronomen in der Regel eher das Dreifache, aber da ist Söder halt mal barmherzig. Handelt sich zwar nicht um Fremde, sondern um Franken. Aber für die Münchner ist das bekanntermaßen eh das Gleiche.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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