Unter Bayern:Anuspüree und Zwetschgenkerntest

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Die Konsistenz der Speisen im Dschungelcamp weist eine gewisse Verwandtschaft zur bayerischen Urwaldnahrung auf

Von Hans Kratzer

Der Bildungssender RTL erfreut sein Publikum zurzeit mit dem "Dschungelcamp". Unter den Insassen ragt diesmal die atombusige Bordellbetreibersgattin Sophia heraus. Sie ist so eine Art Barbie-Dolly und wirkt mit ihren 28 Jahren noch recht fidel. Ihr daheim wartender Gatte dagegen, den die Trash-Gazetten "Puff-Daddy Bert" nennen, ist stolze 37 Jahre älter als sie und fällt damit statistisch in die Kategorie "alter Krauterer". Ihn hellt auch seine Rod-Stewart-Mähne nicht mehr auf.

Auf frappierende Weise erinnert dieses Paar an die Ehe einer anderen Sophia, nämlich der Miedl-Bäuerin aus dem Ries, die - lang ist's her - ebenfalls mit einem üppigen Gestell und mit einem alten Krauterer gesegnet war. Eines Tages öffnete sie während der heiligen Messe beiläufig ihre Handtasche, und, oh Schreck, es schaute ein Gebiss heraus. Der staunenden Nachbarin erklärte sie, das seien nicht ihre Beißer, vielmehr handle es sich um das Gebiss ihres Mannes. Das habe sie mitgenommen, erklärte sie, "damit er mir während meiner Abwesenheit nicht das ganze Fleisch wegfrisst".

Auch die Teilnehmer im RTL-Dschungelcamp gieren oft nach Fleisch. Statt eines Schweinsbratens würgen sie jedoch Känguruhoden, Krokodilpenisse und Anuspüree vom Buschschwein hinunter, überwiegend weiche Kost, die sich in ihrer Konsistenz kaum von der bayerischen Urwaldnahrung unterscheidet, namentlich von Blut- und Leberwürsten. Letztere Nahrungsmittel haben im Gegensatz zum Anuspüree bereits menschliche Züge angenommen, und zwar in Gestalt der beleidigten Leberwurst. Die Blutwurst wiederum ist in der austriakischen Variante "fette Blunzn" als verbale Waffe nicht weniger tauglich.

Während der Mensch also das Darmgeschehen mit Vorliebe in seine Fluch- und Schimpfkultur integriert, handelt die Tierwelt bisweilen klüger. Das zeigt eine Episode, die der 90-jährige Regensburger Kult-Blogger Ludwig Fichtlscherer einst als Bub im Tiergarten erlebt hat. Er reichte dort einem Affen im Käfig eine Zwetschge. Daraufhin drückte das Tier den Kern heraus, steckte diesen in seinen Hintern und legte ihn wieder zurück zur Zwetschge. "Ja, was soll jetzt des?", fragte der Bub den Wärter. "Ja mei", erklärte dieser, "dem ist halt einmal einer hinten stecken geblieben. Seitdem probiert er zuerst, ob der Kern auch hindurchpasst."

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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