Umweltschutz:LBV-Chef will klagen

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Streuobstwiesen-Beschluss erzürnt Träger des Volksbegehrens

Von Christian Sebald, Hilpoltstein

Ein besserer Schutz für Streuobstwiesen war eine Kernforderung des "Volksbegehrens Artenvielfalt - Rettet die Bienen" vor einem Jahr. Darin sind sich die drei Träger des Volksbegehrens, die ÖDP-Politikerin Agnes Becker, Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann einig. "Wenn die Staatsregierung nun diese Kernforderung per Verordnung aushebelt, bleibt uns nur der Klageweg", sagt LBV-Chef Schäffer zu einem Kabinettsbeschluss vom Dienstag, der mehr Fördermöglichkeiten für Streuobstwiesen vorsieht. "Das sind wir unseren 1,7 Millionen Unterstützern schuldig, die klar für einen besseren Schutz der wenigen Streuobstwiesen sind, die wir noch haben."

Damit eine Streuobstwiese ein geschütztes Biotop ist, muss der Kronenansatz von mindestens drei Vierteln der Obstbäume auf ihr in wenigstens 1,8 Meter Höhe sein, heißt es in der neuen Verordnung. Dieser Wert überschreitet alle bisherigen Marken etwa in Förderprogrammen. Die Folge: Die Bauern können wirtschaften wie bisher, Streuobstwiesen sind nicht besser geschützt als zuvor. Der Grünen-Politiker Hartmann prognostiziert, dass "der Aderlass an unserer Artenvielfalt weitergeht". Ministerpräsident Markus Söder habe das Volksbegehren "nach allen Regeln der Kunst ausgetrickst".

Streuobstwiesen zählen zu den vielfältigsten Lebensräumen. Experten der staatlichen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) haben nachgezählt, dass auf ihnen 5000 Tier- und Pflanzenarten vorkommen, darunter viele gefährdete und vom Aussterben bedrohte. Beispiele sind der Steinkauz und der Wendehals, der Baumschläfer und die Haselmaus sowie alle möglichen Wildbienen und anderen Insekten. Laut LfL sind in den vergangenen 50 Jahren bayernweit zwei Drittel der Streuobstwiesen verschwunden.

LBV, ÖDP, Grüne und all die anderen Initiativen haben denn auch während des Volksbegehrens unablässig betont, dass ein besserer Schutz von Streuobstwiesen zu ihren "Top-Forderungen" zählt. "Nur wenn wir wirklich etwas für sie tun, kommen wir beim Erhalt der Artenvielfalt voran", sagt die ÖDP-Politikern Becker. Zunächst folgten Staatsregierung und Landtag dem Volksbegehren. Sie übernahmen die Forderung, extensiv genutzte Streuobstwiesen ab einer Fläche von 2500 Quadratmetern als Biotope zu schützen, ins Naturschutzgesetz. Der Ärger der Obstbauern war groß. Sie wollen keine Einschränkungen für die Bewirtschaftung ihrer Obstbäume. Wohl deshalb habe das Kabinett den Schutz nun wieder aufgeweicht, heißt es in den Umweltverbänden.

Umweltminister Thorsten Glauber (FW) äußert sich nicht zu den Vorwürfen. Ein Sprecher betont, das die Verordnung eine "Gemeinschaftsentscheidung der Staatsregierung ist". Das Ziel, den Artenschwund zu stoppen, bleibe bestehen. Man setze dabei "auf praktikable Lösungen im Alltag und eine deutliche verbesserte Förderung". Tatsächlich hat der Freistaat die Zuschüsse für Streuobstwiesen von bisher acht Euro pro Obstbaum und Jahr auf künftig zwölf Euro angehoben. Das ist bundesweit Spitze.

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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