Trauriges Ende einer Klassenfahrt:Tod auf dem Spielplatz

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Ein 14-jähriger Schüler wird auf einem Abenteuerspielplatz in Lindau von einem Baumstamm erschlagen. Gut zwei Jahre später stehen nun drei für die Sicherheit verantwortliche Männer vor Gericht.

Von Stefan Mayr

Es war ein ganz normaler Schulausflug an den Bodensee. Im September 2010 verbrachte eine Klasse aus dem baden-württembergischen Biberach mehrere Tage in Lindau. Was als ausgelassener Tag auf einem Abenteuerspielplatz begann, endete mit einem Horror-Szenario: Die Achtklässler posierten auf einem Klettergerüst für ein Klassenfoto. Plötzlich knickte ein Baumstamm um und stürzte auf einen Jugendlichen. Die zwei Lehrer und drei Erlebnispädagogen waren machtlos. Der 14-Jährige wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, wo er einen Tag später starb. Vom heutigen Mittwoch an müssen sich drei Männer vor dem Amtsgericht Lindau wegen fahrlässiger Tötung verantworten - ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Kempten vor, beim Aufbau und bei der Kontrolle des Spielplatzes gravierende Fehler gemacht zu haben.

Bei den Angeklagten handelt es sich laut Medienberichten um Mitarbeiter des Forstamtes, der Stadtgärtnerei sowie einer Prüfungs-Gesellschaft. Das Gericht muss klären, ob die Männer schuld am Tod des Schülers sind. Eine entscheidende Frage wird hierbei sein, ob die Konstruktion des Klettergerüstes gesetzeswidrig war. Dieses hatte die Form eines senkrecht stehenden Spinnennetzes und war an drei Baumstämmen befestigt. Offenbar brach der Stamm unter der Last der Schüler ein, weil er im Inneren durch Schimmelbefall geschwächt war.

Die zweite wichtige Frage ist, ob dieser Mangel bei der Abnahme der Anlage oder der regelmäßig vorgeschriebenen Kontrolle zu erkennen war oder nicht. Der Spielplatz liegt auf einem Grundstück des Staatsforstes, verantwortlich für die Sicherheit ist aber die Stadt Lindau. Oberbürgermeisterin Petra Seidl, die inzwischen nicht mehr im Amt ist, hatte in einer ersten Reaktion von einem "schrecklichen Unfall" gesprochen.

Bei einer Pressekonferenz nach dem Todesfall hatte der Leiter der Stadtgärtnerei versichert, dass die städtischen Spielplätze regelmäßig kontrolliert würden. "Fast jede Woche erfolgt eine visuelle Kontrolle, jeden Monat eine Funktionskontrolle, bei der auch die Belastung getestet wird." Dass der umgestürzte Stamm faul war, habe man erst erkennen können, nachdem der Baum zersägt worden war.

Der 14-Jährige Junge erlitt bei dem Unglück ein Schädel-Hirn-Trauma und eine schwere Bauchprellung. Noch auf dem Spielplatz hatte seine Atmung ausgesetzt, doch Rettungskräfte konnten den Jugendlichen reanimieren. Er wurde schließlich mit einem Rettungshubschrauber in ein Klinikum geflogen. Dort erlag er jedoch am nächsten Tag seinen schweren Verletzungen.

Zu den Rettungskräften gehörte neben Feuerwehr und Polizei auch ein Kriseninterventionsteam, dass die Lehrer und Klassenkameraden des Verunglückten betreute. Der Ausflug wurde abgebrochen, die 30-köpfige Reisegruppe machte sich sofort auf den Heimweg Richtung Biberach.

Dass der Prozessbeginn erst mehr als zwei Jahre nach dem Unglück beginnt, hat mit den zahlreichen Gutachten zu tun, die die Kriminalpolizei Lindau bei ihren Ermittlungen anfertigen ließ. Das Amtsgericht wird 18 Zeugen und nicht weniger als sechs Sachverständige hören. 2011 hatte das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten gegen die drei Männer Strafbefehle mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen erlassen. Dagegen legten alle drei Einspruch ein, so dass es nun zur Gerichtsverhandlung kommt. Der Prozess ist auf drei Tage angesetzt.

© SZ vom 30.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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