Streit um Hetzschrift:Debatte um "Mein Kampf"

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Eigentlich hatte der Landtag beschlossen, dass Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" in einer historisch-kritischen Edition herausgegeben werden soll. Doch nun gibt es deutliche Kritik an dem Projekt. Ob eine Neuauflage erscheint, ist wieder offen.

Katja Riedel

Die Bundesregierung prüft derzeit: Was tun mit "Mein Kampf"? Wie geht die Welt schon heute damit um? (Foto: AFP)

Eigentlich hatte alles nach einer salomonischen Lösung ausgesehen: Der Landtag hatte im Frühjahr beschlossen, dass Adolf Hitlers autobiografische Hetzschrift "Mein Kampf" mit Ablauf des Urheberrechtes zum 31. Dezember 2015 nicht mit juristischen Tricks weiter verboten, sondern in einer historisch-kritischen Edition herausgegeben werden soll, flankiert von einer pädagogisch bearbeiteten Fassung des Kultusministeriums.

Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ), das eine Edition schon länger vorbereitet hatte, bekam einen Zuschuss in Höhe von 500.000 Euro, um das Projekt möglichst schnell voran zu bringen. Es war eine Entscheidung, die weltweit Beachtung fand, hatte das bayerische Finanzministerium, das nach dem Krieg die Rechte des Eher-Verlags übernommen hatte, doch bislang jegliche Veröffentlichung in Deutschland unterbunden.

Jetzt ist Unruhe in das Projekt gekommen. Denn nachdem der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, bei einem gemeinsamen Israel-besuch mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im September deutliche Kritik an dem Projekt entgegen schlug, forderte sie in mehreren Interviews, die Publikation aufgrund ihres volksverhetzenden Charakters zu verhindern. Allenfalls kommentierte Auszüge könne sie nun gutheißen, sagte Knobloch.

Auch der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), der ebenfalls mit nach Israel gereist war, hat nun Justizministerin Beate Merk gebeten zu prüfen, ob eine Publikation von "Mein Kampf" strafrechtliche Konsequenzen haben könnte - in jeglicher Form, also auch in einer einordnenden Edition. "Ich kenne niemanden, der über eine Publikation nachgedacht hätte, wenn das Auslaufen des Urheberrechtes dies nicht verlangt hätte", sagte Spaenle der SZ. Dies sei keine grundsätzliche Abkehr gegenüber dem Landtagsbeschluss. Auch der Weg, den das Finanzministerium mit der wissenschaftlichen Edition als kleinstes Übel eingeschlagen habe, werde parallel weiter beschritten.

Am IfZ kennt man die neuerlichen Diskussionen bisher nur aus den Medien, sagte am Freitag eine Sprecherin. "Wir gehen davon aus, dass wir wie gehabt weitermachen, um den engen Zeitplan bis Ende 2015 halten zu können." Dieser gilt ohnehin als ambitioniert. Seit dem Sommer arbeitet ein fünfköpfiges Team an der Edition, zu der die einschlägigsten Versionen der Schrift herangezogen werden, die einst etwa zwölf Millionen Mal gedruckt und nach dem Krieg in den Giftschrank gestellt worden war.

"Wir gehen nicht davon aus, dass unser ganzes Projekt infrage steht" sagte die Sprecherin. Am kommenden Mittwoch wird sich der Hochschulausschuss des Landtages mit "Mein Kampf" beschäftigen. Finanzminister Markus Söder wird zum Umgang mit NS-Druckerzeugnissen sprechen, mit Aussprache - und die scheint notwendig zu sein.

© SZ vom 03.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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