Straubing:Kunst sticht

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Während die Impfwilligen in Straubing warten, können sie sich mit Bildender Kunst die Zeit vertreiben. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Im Impfzentrum stellen 42 Künstler mehr als 80 Arbeiten aus. Bürgermeister Pannermayr sieht darin eine schöne Botschaft

Von Dietrich Mittler, Straubing

Es fing an mit einer Absage: Wegen der Corona-Pandemie konnte die Winterausstellung der Gemeinschaft Bildender Künstler in Straubing im Salzstadel nicht stattfinden. Es hieß, die Kunstschaffenden möchten bitte ihre Werke abholen. Da kam dem Künstler Alfred Dick, bekannt als Wirt des Straubinger Musiklokals "The Raven", die Idee: Warum meine Werke nach Hause bringen, wenn sie genauso gut im Impfzentrum ihr Publikum finden könnten. Dick rief Erich Gruber an, den Vorsitzenden der Künstlergemeinschaft, und der war begeistert.

Zudem schrieb Dick dem Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) eine SMS - Zusatz für den Stadtchronisten: am 16. Dezember 2020, exakt um 18.28 Uhr. Diese begann mit den Worten "Hallo Markus, habe gestern Fotos vom Impfzentrum gesehen . . ." Der Rest ist Geschichte. Pannermayr war sofort dabei, sprach sich mit den Verantwortlichen des Impfzentrums ab, und noch vor Weihnachten half die Straubinger Feuerwehr unter der Leitung des Amtes für Katastrophenschutz dabei, Bilder aufzuhängen. Überdies bewies sie brennendes Interesse an den Installationen - darunter jene, die aus Teilen des in Italien produzierten Kleintransporters "Ape" besteht.

Auch am Donnerstag war Pannermayr noch sehr angetan von diesem Projekt, bestehend aus mehr als 80 Arbeiten von 42 Künstlern. "Es hat eine schöne Botschaft", sagte er. Natürlich sei die Impfung sehr wichtig für alle. "Aber auch die Kunst und die Kultur sind lebenswichtig für unsere Gesellschaft", betonte der OB. Verglichen mit Impfzentren in Deutschland, die aus einigen zweckmäßig zusammengestellten Containern bestehen, hätte das Straubinger Impfzentrum ohnehin einen Schönheitspreis verdient. Es ist in einer großen Messehalle untergebracht. Und jetzt auch noch die Kunstwerke!

Das verdient eine Einschätzung, die in diesem Fall keiner besser zu leisten vermag als Erich Gruber, Oberhaupt der seit 1949 bestehenden Künstlergemeinschaft. Seine klare und zugleich berührende Darstellung beruht nicht zuletzt darauf, dass er nicht nur ein Künstler ist, sondern auch lange Jahre der Chef der Straubinger Grund- und Mittelschule St. Josef war. "Kunst wertet Räume auf", sagt er. Und dort verkürze sie nicht nur die Wartezeit bis zur Impfung, sondern sie lenke auch ab "von Ängsten und Sorgen". Ja, sie schenke Menschen Momente, in denen sie in Gedanken wegtauchen können. Nur einige wenige Künstler wollten ihre Werke nicht im Impfzentrum ausstellen. Vielleicht bedauern sie das bald: Nie mehr wird in Straubing eine Kunstausstellung besser besucht werden als diese.

© SZ vom 15.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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