Der Vorstoß der Passauer Rektorin Petra Seibert, die populären Grußwörter "Tschüss" und "Hallo" aus ihrer Schule zu verbannen, hat über Bayern hinaus erregte Debatten entfacht. Seibert hat diesen Schritt mit dem Argument begründet, Wörter wie Tschüss seien unhöflich. Gutes Benehmen aber sei die wichtigste Voraussetzung bei der Jobsuche. Gleichwohl musste die Rektorin jede Menge Kritik einstecken.
Bei einem Besuch des Papstes ist "Grüß Gott" sicherlich die passende Begrüßung.
(Foto: Robert Haas)Tatsächlich ist das Tschüss eines der schillerndsten Reizwörter in dem von unzähligen Dialekten und Fremdsprachen durchtränkten bairischen Sprachraum. Gefördert durch Zuzug und Medieneinfluss hat sich das norddeutsche Grußwort seit den 70er Jahren im Freistaat großflächig verbreitet. Eine frühe Gewährsperson ist die aus dem Bayerischen Wald stammende Schauspielerin Cleo Kretschmer, die in dem vor fast vier Jahrzehnten gedrehten Film "Amore" ein bayerisches Landdotscherl spielt und unentwegt Tschüss sagt.
Damit setzte sie in München einen Trend. Altbacken anmutende Grüße wie "Grüß Gott", "Servus" und "Habe die Ehre" wurden von da an im städtischen Sprachgebrauch langsam zurückgedrängt.
Bald war das Tschüss auch auf dem Land zu hören, selbst bairisch sprechende Bäuerinnen sagen heute wie selbstverständlich "Tschüss" statt "Pfiati". Reinhard Wittmann, der frühere Literaturchef des Bayerischen Rundfunks, stellt sich trotzdem auf die Seite der Rektorin Seibert. "Ihr Anliegen ist ja nicht die Bewahrung des Dialekts, sondern ihr geht es um Höflichkeit und Umgangsformen." Aus dem norddeutschen Dialektwort Tschüss sei ein Soziolektwort geworden, sagt Wittmann.
Ein Wort also, das Vertraulichkeit herstellen soll, aber als zudringlich empfunden werden kann. Zum Beispiel wenn Fernsehmoderatoren sich bei ihren Zuschauern anwanzen wollen. "In der Berufswelt geht das aber nicht", sagt Wittmann. Hier signalisierten Tschüss und Hallo eher ein mangelndes Sprachgefühl und fehlende Umgangsformen. Der Sprecher bewege sich damit unverbindlich auf der untersten sprachlichen Ebene. Ein freundlicher Gruß wie "Grüß Gott" oder "Guten Tag" sei dagegen ein Ausdruck jener Höflichkeit, wie man sie in einer kälter werdenden Massengesellschaft so dringend benötige.