SPD-Parteitag in Amberg:Udes Generalangriff

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Eigentlich sollte es ja um den Bau der dritten Startbahn gehen. Doch die haben die Münchner abgelehnt. Also stimmt Ude die Genossen mit anderen umstrittenen Themen auf die Landtagswahl ein.

Frank Müller

Die Bayern-SPD verlangt ein Moratorium beim umstrittenen Verkauf der 32.000 GBW-Wohnungen im Freistaat bis zur Landtagswahl im nächsten Jahr. Nur so könnten die Interessen der mehr als 80.000 Mieter gewahrt werden, sagte SPD-Spitzenkandidat Christian Ude am Samstag bei einem "Infrastrukturparteitag" seiner Partei im oberpfälzischen Amberg. "Schaffen Sie in Sachen GBW-Wohnungen keine vollendeten Tatsachen vor der Landtagswahl", appellierte Ude an die schwarz-gelbe Koalition.

Auf dem außerordentlichen Parteitag in Amberg stimmt Münchens OB Christian Ue die SPD auf die Landtagswahl ein. (Foto: dapd)

Eine von ihm geführte Landesregierung werde sich dann dafür einsetzen, dass der Freistaat selbst der BayernLB die GBW abkauft, kündigte der Münchner OB an. "Geben Sie dem neuen bayerischen Landtag und der künftigen sozialdemokratische geführten Landesregierung die Möglichkeit, eine Regelung im Interesse der Mieterrinnen und Mieter zu finden."

Der Verkauf des 92-prozentigen Anteils, den die BayernLB an der GBW (Gemeinnützige Bayerische Wohnungsaktiengesellschaft) hält, ist eine der Auflagen, die die EU dem Freistaat beim kürzlich abgeschlossenen Beihilfeverfahren gemacht hat. Die EU-Kommission hatte die Bedingungen untersucht, unter denen das Land seine Bank mit insgesamt zehn Milliarden Euro vor der Pleite gerettet hatte. An den Auflagen sei aber nicht zu rütteln, gestand Ude in seiner kämpferischen Rede ein, in der er die SPD auf den Landtagswahlkampf einstimmte und für die er von den 240 Delegierten viel Applaus bekam.

Zugleich betonte Ude, die Behauptungen von CSU-Finanzminister Markus Söder, der Freistaat dürfe die GBW nicht selbst kaufen und er könne sich nicht stärker für die Rechte der Mieter engagieren, seien nur vorgeschoben.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Harald Güller bezichtigte Söder deshalb der Lüge. Ude sagte: "Der Freistaat Bayern kann sich aus seiner Verantwortung für das Desaster der Bayerischen Landesbank nicht einfach davon stehlen, wie er es jetzt tut." Dieser Verantwortung", so Ude, "kann man sich nicht entziehen". Nachdem die CSU selbst das Desaster der bayerischen Landesbank verursacht habe, müsse sie diese "Spielschulden" als "Ehrenschulden" betrachten. "Die CSU-Granden haben sich verzockt und sie müssen jetzt ihre Ehrenschulden begleichen, statt sich einfach davon zu stehlen."

Das Thema GBW war für Ude ein willkommenes Aktionsfeld auf dem Parteitag. Wiederholt erinnerte er an seine zwölfjährige Tätigkeit als Mieteranwalt in München vor seiner Zeit im Rathaus und an seinen Kampf gegen "Immobilienhaie" und dagegen, dass Mieter "ausgequetscht werden wie eine Zitrone".

Demgegenüber war der eigentliche Anlass für den Parteitag schon vor Wochen weggefallen: Udes Positionierung für den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen gegen den Willen großer Teile der Partei. Der OB hatte ein Ja der Partei zum Ausbau sogar zur Bedingung für seine Kandidatur gemacht, obwohl es schon zuvor ein gegenteiliges Parteitagsvotum gab. Eigentlich wollte die SPD auf diesem Infrastrukturparteitag den Streit schlichten. Nach dem Votum der Münchner Bürger gegen die Startbahn hatte sich dies jedoch erübrigt. "Dieses Problem gibt es nicht mehr", sagte Ude und scherzte: "Ich kann sehr gut damit leben, dass geplante Krisensitzungen ihren Charakter verändern, weil die Krise weggefallen ist."

SPD ist keine Partei der Neinsager

Gleichzeitig sicherte Ude erneut zu, er werde das Votum der Bürger akzeptieren. "Das ist der diametrale Unterschied zwischen der CSU und uns in Bayern." Ude: "Für uns ist das gelebte Demokratie seit Verabschiedung der bayerischen Verfassung." Gleichzeitig betonte Ude, die SPD müsse große Projekte auch vorantreiben können, etwa bei der Energiewende: "Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, überall jedes Nein aufzugreifen", sagte Ude: "Die Sozialdemokratie ist keine Partei der automatischen Neinsager." Das unterscheide die SPD auch von den Grünen. Die warnte Ude davor, "nur noch zur Partei der Kritiker an Infrastrukturprojekten zu werden".

Das ursprünglich geplante Großthema Infrastruktur schrumpfte so erheblich zusammen auf dem Amberger Parteitag - zumal da Bundespartei-Vize Manuela Schwesig als Gastrednerin auch noch das Fass Betreuungsgeld aufmachte. Bei dieser von der CSU geforderten Leistung für Familien ohne Krippenplätze habe sich Parteichef Horst Seehofer rücksichtslos verhalten, kritisierte Schwesig. "Seehofer geht es schon lange nicht mehr um die Kinder und die Familien", sagte sie.

Die Delegierten beschlossen mit überwältigender Mehrheit einen Leitantrag des Vorstands, den Bayern-SPD-Chef Florian Pronold schon vorab vorgestellt hatte. In ihm wird eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen sowie eine Ablehnung der von der CSU verlangten Pkw-Maut gefordert. Außerdem brauche Bayern ein Sonderprogramm für den barrierefreien Zugang zu Bahnhöfen. Neue Straßen seien nur noch wenige erforderlich, dafür müsse der Staat mehr Gelder in die Sanierung des bestehenden Netzes stecken, heißt es. Wichtig sei der Partei außerdem, dass die Mitsprache der Bürger bei Großprojekten ausgebaut werde.

Ansonsten wird in dem Leitantrag eher allgemein die Bedeutung moderner Infrastruktur für den Freistaat betont. Dies hatte nach Informationen aus Vorstandskreisen vorab für Debatten gesorgt. In einer Sitzung sei das Papier als "zu dünn" kritisiert worden, hieß es. Darauf habe es noch Nachbesserungen gegeben.

© SZ vom 16.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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