SPD in Bayern:Vor der Abwicklung

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Die bayerische SPD hat ein Problem: Ihre Organisationsstruktur und ihre Politik ist kraftlos und langweiliig. Wäre sie ein Wirtschaftsunternehmen, müsste sie Insolvenz anmelden.

Andreas Roß

Wäre die bayerische SPD nicht eine Partei, sondern ein Wirtschaftsunternehmen, dann müsste sie heute Insolvenz anmelden. Denn das Ergebnis der Europawahl hat endgültig den Beleg dafür geliefert, dass das Kapital der Genossen, von dem sie seit Jahren schon eher schlecht als recht gelebt haben, endgültig aufgebraucht ist.

Die Wähler wollen der SPD keinen Kredit mehr gewähren. (Foto: Foto: ddp)

Der bayerische Wähler ist nicht länger bereit, den Sozialdemokraten im Freistaat Kredit zu gewähren. Die Partei eines Waldemar von Knoeringen, eines Wilhelm Hoegner, eines Hans-Jochen Vogel, eines Peter Glotz und einer Renate Schmidt ist im übertragenen Sinne pleite.

Ihre Organisationsstruktur, zumal auf dem Land, ist desaströs, in der Kasse herrscht Ebbe, ihre Politik ist kraftlos und langweilig und ihr personelles Angebot mit dünn noch vornehm umschrieben. Die Partei mit ihrer grauen Funktionärskaste, die eisern ihre Privilegien verteidigt, hat im Freistaat jegliche Anziehungskraft verloren. Sowohl beim Wähler als auch bei jungen Leuten, die politisch interessiert sind und sich engagieren wollen.

Die Oberbürgermeister von München, Nürnberg, Würzburg und Fürth sind die letzten Bannerträger der bayerischen Sozialdemokratie. Ihr Beispiel zeigt, dass auch SPD-Politiker im Freistaat gewinnen können. Dafür bedarf es jedoch gestandener Persönlichkeiten, die kompetent sind, die überzeugen können, die Ausstrahlung haben, und die den Bürgern das Gefühl vermitteln, da handelt einer in unserem Namen.

Die Abwahl des SPD-Oberbürgermeisters von Augsburg im März 2008 hat deutlich gezeigt, dass Fachkenntnis und gute Ideen allein nichts nützen, wenn der Rathauschef sich seinen Mitbürgern nicht verständlich machen kann.

Selbst die erfolgsverwöhnte CSU musste bei der vergangenen Landtagswahl die schmerzhafte Erfahrung machen, das Bürgerferne hart bestraft wird. Die SPD fühlt schon lange nicht mehr den Puls der Bürger, ihre Mandatsträger aus Bund und Land kennt man nicht, ja man braucht sie nicht.

Nun also soll Florian Pronold die Bayern-SPD aus ihrem tiefen Tal der Erfolglosigkeit herausführen. Im Juli will die SPD den Berliner Landesgruppenchef zum Nachfolger von Ludwig Stiegler als neuen Parteivorsitzenden wählen. Eine undankbarere politische Aufgabe gibt es im Freistaat derzeit nicht.

Der schmächtige Pronold, der neben einem Mannsbild wie Horst Seehofer noch immer wie ein frischgebackener Abiturient wirkt, wird bestenfalls der Insolvenzverwalter der Bayern-SPD sein können. Als gelernter Bankkaufmann und studierter Jurist bringt der Abgeordnete aus Niederbayern immerhin die Voraussetzungen für eine geordnete Abwicklung des Pleite-Unternehmens SPD mit.

© SZ vom 09.06.2009/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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