Spanner-Vorwürfe:Strafbefehl für voyeuristischen Bürgermeister

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Der Bürgermeister von Scheyern fotografierte Frauen unter den Rock. Als die Polizei ihn festnehmen wollte, wurde er handgreiflich. Nun hat ihm die Staatsanwaltschaft München einen Strafbefehl zugestellt. Es ist nicht das erste Mal, dass der Mann mit Spanner-Vorwürfen konfrontiert wird.

Von Susi Wimmer

Jetzt wird es ernst für Scheyerns suspendierten Bürgermeister Albert M.: Die Staatsanwaltschaft München I hat ihm dieser Tage einen Strafbefehl zugestellt, weil er im Sommer auf der Stachus-Rolltreppe Frauen unter den Rock fotografiert und sich anschließend gegen eine Festnahme handgreiflich gewehrt hatte. Akzeptiert er den Strafbefehl, könnte es sein, dass er seinen Chefposten im Rathaus endgültig los ist. Legt er Widerspruch ein, kommt es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung.

Die Vorwürfe gegen den 55-jährigen Bürgermeister der Gemeinde im Kreis Pfaffenhofen klingen ekelhaft und schmierig: Er soll am 20. Juni immer wieder eine Rolltreppe am Stachus benutzt haben. Und immer, wenn Frauen vor ihm beim Verlassen der Rolltreppe einen größeren Schritt nach vorne taten, hielt er seine Digitalkamera unter ihren Rock. Ein Zeuge wurde auf das Treiben des Mannes aufmerksam und verständigte die Polizei. Als eine Streife Albert M. auf die Kamera ansprach, versuchte er, sie hinter dem Rücken zu verstecken, auf den Boden zu werfen und draufzutreten. Doch das konnten die Beamten verhindern. Als sie ihn festnehmen wollten, schlug er wild um sich und verletzte dabei einen Polizisten.

Der Chip in der sichergestellten Kamera enthielt tatsächlich belastendes Material: An die 30 Filme und etwa 100 Fotos zeigten, dass der 55-Jährige schon eine ganze Weile am Werk gewesen sein muss. Und es ist nicht das erste Mal, dass sich das Gemeindeoberhaupt mit Spanner-Vorwürfen konfrontiert sieht. Im Januar 2009 soll er sich mit einer Langhaarperücke am Autobahnrastplatz Paunzhausen an der A 9 auf eine Damentoilette geschlichen und mit einem Spiegel in die Nachbarkabine geblickt haben.

"Zu Objekten degradiert"

Strafrechtlich konnte der Mann damals nicht belangt werden: Die Frau in der Nachbarkabine hatte keine Anzeige erstattet, zudem gibt es im Strafgesetzbuch keinen Spanner-Paragrafen. Gegen die vom Verwaltungsgericht verhängte Gehaltskürzung legte er Berufung ein - und gewann mangels Beweisen. Allerdings hatte der Richter damals erhebliche Zweifel an der Version, die Albert M. aufgetischt hatte: Er habe an jenem Tag eine Anhalterin von München aus mitgenommen und die sei an der Raststätte auf der Toilette gewesen. Die eindeutigen Fotos, die auf seiner Kamera damals gefunden wurden, seien nicht von ihm, sondern von seinem mittlerweile verstorbenen Bruder aufgenommen worden.

Ob der Vorfall vom Stachus für Albert M. diesmal Konsequenzen hat, wird sich zeigen. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sieht den Tatbestand der Beleidigung als erfüllt an. "Die aufgenommen Frauen werden zu Objekten degradiert, es gibt Zeugen, die das Fotografieren beobachtet haben, dadurch werden die Opfer in ihrer Ehre verletzt", sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Zudem beinhalte der Strafbefehl den Widerstand gegen Vollzugsbeamte und die Körperverletzung bei seiner Festnahme.

Gut vier Wochen nach dem Vorfall am Stachus suspendierte die Landesanwaltschaft Bayern Albert M. vorläufig vom Dienst und reduzierte seine Bürgermeister-Bezüge. Außerdem leitete die Behörde ein Disziplinarverfahren ein. Dieses ruht nun, bis das strafrechtliche Verfahren abgeschlossen ist. Erst dann wird entschieden, ob Albert M. jemals wieder auf seinen Chefsessel zurückkehren wird.

© SZ vom 16.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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