Soziales:Selbstbestimmt dank Hightech

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Menschen, wie die querschnittgelähmte Grafikkünstlerin Laura Lotte Lang, sind auf modernste Technik angewiesen, um ihren Alltag bewältigen zu können. (Foto: dm)

Bei der Messe ConSozial ist der Schwerpunkt die Digitalisierung sowie ihr Einfluss auf Menschen und Gesundheitssystem

Von Dietrich Mittler, München

Zur ConSozial, der größten Sozialmesse im deutschsprachigen Raum, wird es die Künstlerin Laura Lotte Lang auf gar keinen Fall schaffen - die Arbeit geht vor. Lang, seit ihrer Kindheit durch einen Schlittenunfall querschnittsgelähmt, steuert mit ihrem Mund eine Art Mini-Joystick: Gerade entsteht der Entwurf für Geschenkpapier, das die Münchner Pfennigparade rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Mark bringen will.

Für die 33-jährige Grafikkünstlerin bedeutet das harte Arbeit am Bildschirm. Aber auch wenn Laura Lotte Lang nun am Mittwoch in Nürnberg nicht bei der Eröffnung der ConSozial dabei ist, es wird sich dort um Menschen wie sie drehen. Auf den ersten Blick legt dies zwar das Motto der zweitägigen Messe gar nicht nahe. Das lautet "Soziale Marktwirtschaft 4.0" und lässt Pessimisten an Produktionsprozesse denken, in denen der Mensch kaum mehr eine Rolle spielt. Darum geht es den Organisatoren der ConSozial wohl auch, können doch neue Technologien zum Arbeitsplatzabbau führen, und damit zum sozialen Abstieg vieler Familien.

Aber die Digitalisierung bietet auch Chancen, kann sie doch für Menschen mit Behinderung barrierefreie Zugänge zur Arbeitswelt schaffen. Soziale Medien wiederum ermöglichen es, alte Menschen aus ihrer unfreiwilligen Isolation zu holen. "Selbstbestimmt 4.0?", so etwa lautet der Titel einer der vielen Veranstaltungen, in denen Besucher der ConSozial ihren Horizont erweitern sollen. Der Bezirk Unterfranken hat auf der Suche nach Best-Practice-Beispielen nachgefragt, was moderne Technik den Menschen mit Behinderung zu bieten hat. Die Grundfrage dabei lautete: Können Elektronik und Digitalisierung einer inklusiven Gesellschaft dienen?

Das Gesundheitssystem wird sich durch den technischen Fortschritt ebenfalls dramatisch verändern. Ob zum Guten oder Schlechten, darüber soll auf der ConSozial diskutiert werden. So etwa bietet das sogenannte E-Health-Gesetz unter anderem die Grundlage für den digitalen Medikationsplan, der künftig alle Informationen zu Arzneimitteln eines Patienten enthält. Das kann einerseits für mehr Therapie-Sicherheit sorgen und zudem in der Pflege und Eingliederungshilfe erhebliche Effizienzgewinne ermöglichen. Aber: Wie steht es um den Datenschutz bei Patienten und zu pflegenden Menschen?

Längst Einzug gehalten hat die Digitalisierung indessen auf der ConSozial. Zwischen all den eleganten Software-Experten gehen die einst das Bild der Messe prägenden Besucher vom Typ "Sozialarbeiter, langhaarig, bärtig, Wollpulli" regelrecht unter. Das ist kein Wunder. Auch bei den sozial Tätigen an der Basis hat sich still und leise modisches Design und Hightech in den Arbeitsalltag eingeschlichen, wenn auch nicht so vehement wie in anderen Bereichen der Wirtschaft. Der Journalist und Theologe Daniel Wagner etwa hat bei sozialen Einrichtungen und ihren Trägern "eine gewisse Zurückhaltung" gegenüber digitalen Netzwerken ausgemacht.

"Die Träger und ihre Einrichtungen sollten ihre Scheu gegenüber Facebook und Co. aufgeben", sagt er. Wagner spricht da aus Erfahrung, ist er doch Pressesprecher des Diakonischen Werks in Bayern. An seiner Erfahrung lässt er nun teilhaben, mit dem Kurs "Sag's mit 140 Zeichen: Erfolgreich texten für Twitter, Facebook und Co." Wem indes nach Unterhaltung ist, dem sei der Auftritt der Poetry-Slammer auf der Messebühne empfohlen - Motto: "Sozial im Digi-Tal."

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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