Seehofer zur BayernLB:Bayerischer Kotau

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Eigentlich gibt der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung die Marschroute vor, steckt Ziele ab, setzt Akzente. Doch all das kann Seehofer nicht. Für ihn gibt es nur ein Thema.

Birgit Kruse

Die vergangenen Wochen hatten Spuren im Gesicht von Horst Seehofer hinterlassen. Blass hatte er ausgesehen in den letzten Tagen, auch etwas dünner im Gesicht als sonst.

Horst Seehofer im Landtag: In seiner ersten Regierungserklärung hatte er nur ein Thema, die BayernLB. (Foto: Foto: Getty)

Doch von all dem war heute kaum noch etwas zu sehen. Nur etwas ruhiger als sonst scheint er, als er kurz nach seinem Finanzminister als zweiter den Plenarsaal des Landtags betritt.

Ohne ein Wort mit Fahrenschon zu wechseln, nimmt er auf seinem roten Ledersessel Platz, packt ein paar Akten auf den Tisch, lächelt für die Fotografen. Es ist eine Regierungserklärung, bei der alles anders ist als sonst.

Eigentlich gibt der Ministerpräsident in dieser Rede die Marschroute für die kommenden Jahre vor. Erklärt seine Politik, steckt Ziele, setzt Akzente. Doch all das kann Seehofer heute nicht. Er wird nur über die Bayerische Landesbank reden, über das Rettungspaket, das die Regierung in den letzten Tagen im Eilverfahren geschnürt hat, über zehn Milliarden Euro, die der Freistaat zu schultern hat, um die "systemrelevante" BayernLB vor der Pleite zu retten.

Und: Es geht um politische Verantwortung. Das weiß auch Seehofer - und nimmt Stellung zu einem Desaster, das in erster Linie seine Vorgänger zu verantworten haben:

"Ich möchte mich im Namen der gesamten Staatsregierung bei der Bevölkerung und auch bei den Mitarbeitern entschuldigen für die Fehler, die in dieser Bank, im Vorstand, im Verwaltungsrat und bei beiden Eigentümern - den Kommunen und Sparkassen und dem Freistaat Bayern - gemacht wurden", sagt er mit sonorer Stimme.

Seehofer hat sich sicherlich bis zuletzt überlegt, ob auch er eine Entschuldigung vortragen solle. Sicher weiß er, wie heikel solche Worte sein können, wie eine platt formulierte Entschuldigung mehr schaden denn nutzen kann.

Auch der ehemalige Finanzminister Kurt Faltlhauser entschuldigt sich, schriftlich. Während Seehofer aus dem Brief zitiert, sitzt Erwin Huber in der zweiten Reihe des Plenums. Er hört zu, schaut ernst drein, hat die Mundwinkel leicht nach unten gezogen.

Auch Huber war für ein Jahr Verwaltungsratschef der BayernLB, wurde von der Opposition immer wieder harsch für sein Missmanagement kritisiert, musste sich vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags verantworten.

Von ihm wird man an diesem Tag keine Entschuldigung hören. Stattdessen soll der neue wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Fraktion in einer der letzten Fraktionssitzungen in einem mehrminütigen Redebeitrag erläutert haben, wie man nun am besten mit der BayernLB-Krise umzugehen habe. Mehr als einen ernsten Gesichtsausdruck soll Seehofer für diesen Ratschlag nicht übrig gehabt haben.

Denn Seehofer hat selbst einen Plan, wie die BayernLB zu retten sei. Mit zehn Milliarden Euro, die der Freistaat alleine aus einem Nachtragshaushalt schultern wird - ganz ohne Unterstützung des Bundesregierung. Denn dieser Weg sei gerade für Landesbanken nicht praktikabel, poltert Seehofer in Richtung Berlin. Er sei "enttäuscht davon", wie der Rettungsschirm praktiziert worden sei - nämlich "bürokratisch, wenig transparent und sehr schleppend".

Die Opposition kann Seehofer indes nicht besänftigen - weder mit den Entschuldigungen einiger Verantwortlicher noch mit dem Rettungsplan. Immerhin musste der Ministerpräsident auch einräumen, dass auch sein Konzept keine "letzte Sicherheit" geben kann.

Während sich Seehofer in seinem Stuhl zurücklehnt und die Beine übereinander schlägt, zieht SPD-Fraktionschef Franz Maget die verbale Giftspritze auf. Das Rettungspaket bezeichnet er als "Offenbarungseid einer hilflosen Staatsregierung" und resümiert: Die Krise sei Seehofer über den Kopf gewachsen. "Sie haben keinen Plan."

Auch wenn Seehofer das anders sieht - für ihn ist es ein Plan ohne Alternative - hört er Maget aufmerksam zu, nickt immer wieder, wenn dieser an die politische Verantwortung appelliert und den Finger immer tiefer in die Wunden der CSU legt.

Denn für den SPD-Mann ist der Rettungsplan ein "waghalsiger Weg mit enormen Risiken", und das Verhalten der CSU nicht mehr als eine "Traumtänzerei im allerhöchsten Maße."

Von der Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause muss sich Seehofer als "Gefangener des vergifteten Erbes der Vorgänger" bezeichnen lassen. Doch Seehofer nimmt die Kritik an diesem Tag gelassen. Er ist davon überzeugt, dass er auch künftig genug finanziellen Spielraum haben wird, um zu investieren - in Bildung, in Infrastruktur, "in Köpfe", wie Seehofer gerne sagt und damit unter anderem mehr Lehrer meint.

Wie er sich das vorstellt, angesicht zusätzlicher Milliardenkredite und angesichts jährlicher Zinszahlungen in Millionenhöhe, wird er dem Plenum wohl in einer Woche erläutern - in seiner zweiten Regierungserklärung.

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