Regensburg:Ballermann am Donauufer

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Polizei und Politik befürchten eine "Verslumung" von Regensburg. Nun sollen Ordnungskräfte Trinkexzesse in der Altstadt verhindern. Jugendverbände haben Widerstand angekündigt.

Max Hägler

Die Wortwahl ist drastisch in Regensburg: Von einer drohenden "Verslumung der Altstadt" spricht Polizeidirektor Wolfgang Mache, der Leiter der Innenstadtwache. Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) berichtet von "Ballermann-Szenen", wenn er abends in der Altstadt unterwegs sei.

Glaubt man Politik und Polizei verwandelt sich die Regensburger Altstadt nachts in ein zweites Ballermann. (Foto: Foto: dpa)

Das Gesundheitsamt zählte 140 Patienten zwischen zehn und 20 Jahren, die im Jahr 2008 mit einer Alkoholvergiftung in Regensburger Krankenhäuser eingeliefert wurden. Und SPD-Bürgermeister Joachim Wolbergs überlegt angesichts der "dultähnlichen Zustände" eine betreute Jugendkneipe einzurichten - möglicherweise mit finanzieller Unterstützung der Brauerei Thurn und Taxis.

Neben diesem Vorschlag, der junge Leute von der Straße holen soll, haben Polizei und Stadtpolitik bereits ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet, um dem Schreien, Schlägern und Saufen in der Regensburger Innenstadt entgegenzutreten. Doch das trifft auf den entschiedenen Widerstand der Gastronomen und der politischen Jugendverbände.

Restriktive Alkoholverbote

Dem Plan zufolge sollen die Kneipenwirte freiwillig ab 22 Uhr keinen Schnaps mehr ausschenken. Sieben städtische Ordnungskräfte werden von September an versuchen, Trinkexzesse auf den Straßen zu verhindern. Der Landtag soll aufgefordert werden, mittels einer Gesetzesänderung restriktive Alkoholverbote im öffentlichen Raum zu erlauben.

Wenn das alles nichts fruchte, müssten die Regensburger Lokale künftig eben noch eher schließen, droht Schaidinger. Im Gegensatz zu den meisten anderen bayerischen Großstädten muss in Regensburg ein Gaststättenbetrieb über 22 Uhr hinaus genehmigt werden.

300 Kneipen und eine Handvoll Diskotheken finden sich zwischen Donauufer und Schloss Thurn und Taxis, damit ist Regensburg eine jener deutschen Städte mit der höchsten Kneipendichte. Dazu kommen das Donauufer und die Inseln, wo an den Sommerwochenenden Hunderte unter freiem Himmel feiern - und hier wie dort eskaliert es nach Ansicht von Polizei und Politik zunehmend.

Zwar betonen die Stadtvertreter immer wieder, dass nicht nur Jugendliche Probleme machten, trotzdem sehen sich vor allem die jungen Regensburger in der Kritik. Als Konsequenz haben die Jugendverbände der Parteien Anfang August sogar den vor Jahren eingeschlafenen "Ring politischer Jugend" neu gegründet. Ihr Sprecher Michael Lehner, der Vorsitzende der Junge Union, hält die städtischen Warnrufe für absurd: "Die Polizei hat offensichtlich keine Ahnung, wie es auf dem Ballermann zugeht."

Es gäbe freilich mitunter Lärmbelästigungen und Störungen, aber damit müsse leben, wer in der Altstadt wohne. Schließlich sei die Gastronomie zum Großteil viel länger am Ort als die Bewohner des Viertels. "Wir haben die Situation, dass sich zwei 25-Jährige beschweren, die über den Pony Club gezogen sind - die müssen doch vorher wissen, was sie tun", wundert sich Lehner.

Sperrzeit abschaffen

In einer gemeinsamen Resolution haben Jusos, Junge Union, Grüne Jugend und Julis einen eigenen Maßnahmenkatalog vorgestellt, um Störungen zu verringern. Zuvorderst soll die Sperrzeit komplett abgeschafft werden. "Wenn die Leute um 2 Uhr aus allen Bars geschmissen würden, wie jetzt angedacht, dann bleibt nur noch die Straße", sagt Lehner.

Vor allem fordern die Jugendverbände ein konsequenteres Auftreten der Polizei. Fußstreifen sollten Ruhestörer künftig "aktiv ansprechen", heißt es in der Resolution. "Leider ist dies nicht immer der Fall", legen die Jugendvertreter nach. Allen sei bewusst, dass die Regensburger Polizei stark unterbesetzt sei, "doch ist es dann die Aufgabe des Polizeidirektors Mache, das anzumahnen und nicht zu fordern, deshalb alle Diskotheken zu schließen".

Ein erzwungenes Ausweichen des Nachtlebens ins Umland hält Lehner dagegen für schwierig, schließlich sei der Nahverkehr viel schlechter entwickelt als etwa in Nürnberg oder München. Durch den Autoverkehr entstünden neue Belastungen und Gefahren, warnt er.

© SZ vom 17.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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