Putsch gegen Albsteiger:Ende der "One-Woman-Show"

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Von der Spitze weggeputscht: Die JU-Vorsitzende Katrin Albsteiger. (Foto: Johannes Simon)

"Ich bin ja Vergangenheit": Nach nur zwei Jahren muss Katrin Albsteiger den Chefposten der Jungen Union in Bayern erzwungener Maßen aufgeben - und das fällt ihr sichtlich schwer. Ihr Nachfolger spielt schon vor der Abstimmung Chef des CSU-Nachwuchses.

Von Mike Szymanski

So schnell kann man abgemeldet sein: Katrin Albsteiger, 29, eigentlich an diesem Freitagmorgen noch die Chefin der Jungen Union in Bayern, tut sich gerade etwas schwer mit dieser für sie neuen Erfahrung. Doch in diesem Moment ist es Hans Reichhart, der ihr den Vorsitz am späten Freitagabend bei der Landesversammlung in Nürnberg abnehmen wird, der jetzt aber schon mal Chef des CSU-Nachwuchses spielt. Reichhart, 31 Jahre alt und gerade Landtagsabgeordneter geworden, bittet die wartenden Journalisten zum Gespräch ins Nebenzimmer eines Münchner Lokals. Albsteiger murmelt nur: "Auch gut."

Eine JU-Blitzkarriere geht gerade zu Ende . "Ich bin ja Vergangenheit", sagt Albsteiger nach nur zwei Jahren im Amt. Das kann man so nicht ganz stehen lassen, weil sie schließlich für die CSU bei dieser Wahl in den Bundestag eingezogen ist. Aber Albsteiger hat jetzt erst einmal eine Niederlage zu verkraften. Sie ist von ihren eigenen Leuten von der Spitze der JU regelrecht weggeputscht worden. Deshalb ist die Personalie nicht ganz alltäglich, auch für den Politikbetrieb nicht. Außerdem war Albsteiger die erste Chefin seit langer Zeit, die die Junge Union nach außen mal wieder sichtbar gemacht hat, auch wenn das Interesse oft mehr ihrer Person als ihrer Organisation galt.

Das war es auch, was ihr jetzt wohl den Posten gekostet hat. Albsteiger und ihre "One-Woman-Show". Ihre eigene Karriere habe sie mehr ihm Blick gehabt als die inhaltliche Arbeit. Diesen Vorwurf habe sie sich jedenfalls anhören müssen, erzählt sie bei diesem Gespräch, das eigentlich Aufschluss darüber geben soll, warum sie nicht weitermacht. Es ist ein bemerkenswertes Gespräch, das sich entwickelt, auch zwischen Albsteiger und Reichhart, der zwar neben ihr sitzt. Aber es ist spürbar: Hier herrscht keine Nähe, oder besser gesagt, nicht mehr.

Vieles von dem, was die Jung-Politiker bitterernst vortragen, verleitet eigentlich eher zum Lachen: Albsteiger zum Beispiel erklärt, nach einer "friedlichen Abstimmung" habe sie sich entschieden, nicht erneut für den Landesvorsitz zu kandidieren. Dabei waren hinter ihrem Rücken längst die Mehrheiten zugunsten von Hans Reichhart organisiert. Der verspricht, wieder mehr Themen aufzugreifen, inhaltlich zu arbeiten. Albsteiger hatte keine Chance mehr. Ihr Programm war, zu zeigen, dass die CSU und ihr Nachwuchs keine reine "Altherrenpartei" sei.

Oder als Reichhart erklärt, dass die JU doch insgesamt viel besser aufgestellt sei, wenn er nun Chef in Bayern und Albsteiger - so sieht der Deal des Wechsels aus - im Herbst 2014 Stellvertreterin im JU-Bundesvorstand werde. Dabei gilt doch auch für den Parteinachwuchs, was Seehofer einmal über Vize-Posten in der Partei gesagt hat: Sie seien für die Katz'. In den Momenten, als es nach Spaß klingen soll, mag aber niemand lachen.

Seehofer: Man müsse auch mal verlieren können

Darauf angesprochen, wie es sich anfühlt, auch als Jung-Politiker schon einmal Opfer eines Putsches geworden zu sein, sagt sie: Das gehöre wohl zur Politik dazu. "Man erlebt den einen oder anderen Menschen neu." Albsteiger erklärt sich ihren fehlenden Rückhalt in der JU damit, dass sie wohl an den Funktionsträgern in den vergangenen beiden Jahren vorbeikommuniziert habe.

Die Mitgliederbasis sieht sie weiterhin an ihrer Seite, aber sie habe die JU nicht in einen Machtkampf zwingen wollen, der "nicht besonders schön für alle Beteiligten" geworden wäre. Reichhart ist bewusst, dass ihm die Rolle des Umstürzlers zufällt. Mit einem Ergebnis von 70 Prozent plus X wäre er deshalb zufrieden. Er wird allerdings nur 65 Prozent der Stimmen erhalten.

Die JU verstand sich auch immer ein wenig als Testbetrieb für die große Politik. Hier lernt man alles - auch zu verlieren. Zur Landesversammlung kommt am Samstag Parteichef Horst Seehofer. Wirklich tröstende Worte sind von ihm nicht zu erwarten, auch wenn er ein Albsteiger-Fan ist. Die junge Frau hatte ihm auf dem Parteitag vor drei Jahren, als er der CSU eine Frauenquote aufzwang, mit einer leidenschaftlichen Gegenrede imponiert. Ein Jahr später war sie JU-Chefin geworden. Nun ihr Sturz. "Solche Dinge gibt es immer wieder in der Politik", sagte Seehofer Anfang der Woche. Man müsse auch mal verlieren können.

© SZ vom 19.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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