Prozess:Rentner für 4500 Euro getötet - acht Angeklagte vor Gericht

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  • Der Prozessauftakt gegen eine achtköpfige Einbrecherbande hat sich vor dem Landgericht München schwierig gestaltet.
  • Die "Froschbande" hatte einen 72-jährigen Rentner halb totgeschlagen, seine Ehefrau verprügelt - der Mann starb später qualvoll.
  • Die Einbrecher erbeuteten Diebesgut im Wert von etwa 4500 Euro, nach weiteren Einbrüchen wurden sie in Wien festgenommen.

Von Susi Wimmer

Wenn die Staatsanwaltschaft zu Beginn eines Strafprozesses die Anklageschrift verliest, dann mag das bei den Zuhörern ob des grausamen Inhalts mitunter Kopfschütteln oder Unbehagen hervorrufen. Was Staatsanwältin Karin Jung am Dienstag vor der ersten Strafkammer am Landgericht München II vorträgt, ist hingegen kaum auszuhalten. Sie schildert, wie eine achtköpfige Einbrecherbande im September 2015 in Meiling bei Seefeld (Kreis Starnberg) einen 72-jährigen Rentner halb totgeschlagen, seine Ehefrau verprügelt und die beiden in einer zwei Quadratmeter großen Abstellkammer eingesperrt hatte. Nach zwei Tagen konnte die Frau gerettet werden, ihr Ehemann starb qualvoll neben ihr.

Die Tür zum Gerichtssaal geht auf, Vorführbeamte bringen die Angeklagten in Handschellen zu ihren Plätzen. Ein Blick genügt, und es ist klar, warum die mutmaßlichen Einbrecher unter dem Namen "Froschbande" traurige Bekanntheit erlangten. Die ersten vier sind klein, sehr klein gewachsen, von gedrungenem Körperbau und glatzköpfig. Den Spitznamen erhielten sie aber auch, weil sie bei ihren Einbrüchen in Österreich, in der Schweiz und in Bayern immer in der Nacht und immer blitzschnell zugeschlagen haben. Allerdings hatte ihre brutale Vorgehensweise rein gar nichts mit einem niedlichen Frosch zu tun.

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"Wie soll es einem hier schon gehen", sagt einer der Söhne des verstorbenen Rentners, der den Prozess mitverfolgt, zur SZ. Die Ehefrau sowie zwei Söhne treten als Nebenkläger in dem Prozess auf. Die heute 70-jährige Frau soll als Zeugin aussagen. Was sie in der Nacht auf den 5. September 2015 erlebt hat, hat ihr Leben für immer verändert: Sie musste mit ansehen, wie ihr Mann in einem stundenlangen Todeskampf neben ihr starb, eingesperrt in einer zwei Quadratmeter großen Kammer, die die Einbrecher von außen mit einem schweren Tisch verrammelt hatten. Zwei Tage lang kauerte die Frau neben ihrem toten Ehemann in der Abstellkammer ohne Fenster, bis ein Zeitungsausträger am Morgen des 7. September ein Wimmern hörte und die Polizei verständigte.

Die Froschbande, bestehend aus acht Rumänen im Alter zwischen 24 und 55 Jahren, vier von ihnen sind miteinander verwandt, taten sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft im September 2015 zusammen, um zunächst in Österreich Einbrüche zu verüben. Es gab Auskundschafter, Fluchtwagenfahrer, Schmieresteher - und solche, die ohne Rücksicht zuschlugen. Denn die Einbrecher warteten nicht, bis die Bewohner außer Haus waren. Sie suchten sich gezielt abgelegene Häuser aus, in denen sie ältere Bewohner ausmachten. Dies spionierten sie zuvor durch Tricks aus. Dann knüppelten sie ihre Opfer nieder, bis sie ihre Wertsachen herausgaben.

So klingelte Bandenmitglied George I., 46, am 4. September 2015 gegen 19 Uhr auch am Anwesen des Meilinger Ehepaares und log ihnen vor, er habe eine Autopanne, und ob man ihm seinen Kanister mit Wasser auffüllen könnte. Der Hausherr war hilfsbereit. Und George I. hatte gesehen, was er sehen wollte, nämlich dass ein betagter Herr hier wohnte. Er verschwand.

Bandenmitglieder schlugen mit Brutalität zu

Der Abend war für das Ehepaar unruhig. Zweimal schlug Labradorhündin Lissy an, zweimal schaltete die Ehefrau die Außenbeleuchtung am Haus ein, blickte aus allen Fenstern, und konnte nichts entdecken. Zehn vor zwölf ging sie schließlich ins Bett. Gegen Mitternacht schlug Lissy erneut an, der Ehemann knipste das Außenlicht an und trat hinaus auf die Terrasse. Dort zündete er sich eine Zigarette an. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die Froschbande schon positioniert: Zwei warteten im Fluchtwagen, zwei lagen neben dem Haus auf dem Boden und sollte bei Gefahr warnen, die anderen vier lagen im Garten auf der Lauer. Als der 72-Jährige zur linken Hausecke schlenderte, schlugen fünf der Bandenmitglieder zu. Während einer den 72-Jährigen zu Boden schubste, prügelten vier mit Holzlatten, einem Schaufelstiel und einer Eisenstange auf ihn ein. Er erlitt etliche Brüche im Gesicht, an den Armen und an den Rippen. Eine der gebrochenen Rippen stach in den rechten Lungenflügel.

Währenddessen stürmte ein sechster Einbrecher ins Schlafzimmer der Ehefrau, schlug ihr mehrfach mit der Faust ins Gesicht, zerrte die 68-jährige aus dem Bett und trat ihr 18 Mal gegen den Körper. Auch sie erlitt Brüche und Hämatome, nach Aussagen der Staatsanwaltschaft hätte sie an den wuchtigen Tritten sterben können. Gegen 0.10 Uhr sperrte die Bande das Ehepaar in die Abstellkammer. Sie durchsuchten das Anwesen und fanden Diebesgut im Wert von etwa 4500 Euro und entkamen. Allerdings ließen sie am Tatort DNA-Spuren zurück und nach weiteren Einbrüchen in Österreich wurden sie in einem Lokal in Wien festgenommen, wo sie gerade einen erfolgreichen Einbruch feierten.

Vor Gericht gestaltet sich der Prozess mit acht Angeklagten und Dolmetschern zäh. Am ersten Tag geht es lediglich um die Lebensläufe der Männer. Die drei Brüder etwa bringen es insgesamt auf 20 Kinder. Zwei der Männer saßen bereits wegen Einbruchs im Gefängnis. "Ich habe niemals mit denen abgesprochen, Straftaten zu begehen", behauptet Sever S. etwa und sagt, er sei "wegen einer Dummheit" hier. Dann beginnt er seinen schlechten Gesundheitszustand im Gefängnis zu beklagen. Das Gericht unter Vorsitz von Thomas Bott wird voraussichtlich erst am Dienstag die Männer zum Tatgeschehen befragen.

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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