Osterhofen:AfD-Redner teilen gegen Regierung und EU aus

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Von Johann Osel, Osterhofen

Der Werbespot für die Europawahl, erstmals gezeigt, donnert durch den Saal, lauter als die Kapelle davor mit ihrem "Immer wieder Blasmusik, die bringt uns heut' in Schwung". Vom Einzug der AfD in alle Landesparlamente ist die Rede und vom Wahltag im Mai, wo "das Volk entscheidet", wo man sich "unser Land zurückholen" werde. Der politische Aschermittwoch der AfD in Osterhofen ist der inoffizielle Wahlkampfauftakt, er soll ein Motivationsschub sein. Die Rednerliste zeigt mehrere Kandidaten für Brüssel, alle mit vorderen Listenplätzen und so gut wie sicher im Parlament: Bundeschef Jörg Meuthen, Guido Reil aus NRW und den Münchner Bernhard Zimniok. Reil fragt, ob er bald "Brüsseler Regeln" einhalten müsse: wie EU-Kommissionschef Junker "um zwölf anfangen zu saufen", jeden Abend mit den Lobbyisten "bei Koks und Nutten"? Nein, sagt er, Aufgabe der AfD sei es, "die ganze Dekadenz aufzudecken". Zimniok sieht Deutschland als "Lachnummer" in der Welt, Außenminister Heiko Maas werde dort "wahrgenommen wie eine lästige Fliege". Militärisch, meint der Oberstleutnant a.D., habe man sich "verzwergt, impotent gemacht, systematisch entmannt". Meuthen versucht den Rundumschlag, ein Fazit: "Wer Merkel wählt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Bayerns Landeschef Martin Sichert sagt, er wolle "keine europäische Armee, in der deutsche Soldaten irgendwann gegen Gelbwesten in Frankreich eingesetzt werden". Die Grünen, sexuelle Vielfalt, Verfassungsschutz, Medien, Klimaproteste, ein bisschen EU - alle streifen ähnliche Themen, pflegen dieselben Feindbilder. Immer wieder Claudia Roth.

Gewitzelt wird gleichwohl insgesamt wenig, die Redner sind verbal hochgerüstet. Und doch wirkt vieles fast moderat, wenn man Andreas Kalbitz als Vergleich nimmt, Brandenburgs AfD-Chef. Er gilt mit Björn Höcke als Steuermann des völkischen "Flügels". Die Gesellschaft sei mit "68er-Metastasen durchsetzt", sagt er, die AfD müsse "antiseptisch" wirken gegen "die Deutschlandabschaffer". Den "ökoperversen Gesinnungsfaschisten" empfiehlt er "Massensuizid" zur Senkung der Klimabelastung, er warnt vor Islamisierung - ein abbezahltes Reihenhaus sei "im Kalifat nichts wert". Die AfD müsse das "Land wieder vom Kopf auf die Füße stellen". Kalbitz erhält ganz klar den stärksten Jubel.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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