Nürnberg:Sorge um 150 Kilometer

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In Oberfranken hofft man auf die Elektrifizierung der Strecke in den Osten. Nun könnte die Oberpfalz dazwischenkommen

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Seit mehr als 20 Jahren ist klar, dass die Bahnverbindung zwischen Nürnberg und Prag über Marktredwitz und Eger ausgebaut werden soll. So steht es in einer Vereinbarung zwischen Deutschland und Tschechien über die Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindung Nürnberg-Prag vom 7. Juni 1995. Doch während die Strecke auf tschechischer Seite bis zur Stadt Eger voll elektrifiziert wurde, ist in Bayern wenig passiert. Nun befürchten Politiker aus Oberfranken, dass der Ausbau entweder noch sehr viel länger verschoben werden könnte - oder sogar ganz abgesagt wird. Denn das Bundesverkehrsministerium spricht sich seit Kurzem mit der gleichen Priorität für die Elektrifizierung einer alternative Strecke aus, die von Nürnberg über die Oberpfalz nach Prag führt.

Die Oberbürgermeister von Bayreuth und Hof sind "alarmiert", so teilen sie selbst mit, genau wie ihre Kollegen in den sächsischen Städten Chemnitz, Zwickau und Plauen, wo man ebenfalls schon lange auf die Elektrifizierung der fehlenden 150 Kilometer auf der sogenannten Franken-Sachsen-Magistrale zwischen Nürnberg und Dresden wartet. Bisher müssen Reisende auf dieser Strecke in Hof umsteigen, weil die Bahn die Lok wechseln muss. Die fünf mittelgroßen Städte, die auf dieser Verbindung liegen, haben sich 1995 zusammengeschlossen, um den politischen Druck für dieses Projekt so gut es geht aufrechtzuerhalten. Bislang waren sie nur über die Geschwindigkeit der Umsetzung verärgert, inzwischen sind sie zumindest hinter den Kulissen regelrecht empört über eine Entwicklung, die sie als geschickte Bemühungen aus der Oberpfalz wahrnehmen, ihnen den Zugverkehr aus Prag streitig zu machen. Bei einem Treffen am Mittwoch kritisierten die Oberbürgermeister des Bayerisch-Sächsischen Städtenetzes, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Herbst 2018 "auf politischen Druck hin" den Ausbau der Bahnstrecke von Nürnberg über Schwandorf und Furth im Wald im Bundesverkehrswegeplan hochgestuft hat.

Die Oberbürgermeister von Bayreuth bis Chemnitz befürchten zum einen, dass nicht genug Geld da ist, um beide Strecken mit gleicher Priorität auszubauen, und zum anderen, dass sich Investitionen in die tunnelreiche oberfränkische Strecke aus Sicht des Bundes nicht mehr rechnen könnte, wenn erst ein Teil des Personen- und Güterverkehrs über Schwandorf rollt.

Deshalb formulierten die Oberbürgermeister einen dringenden Appell an die Bundesregierung sowie an die Regierungen in Bayern, Sachsen und Tschechien. Mit dem Ausbau müsse so schnell wie möglich begonnen werden, heißt es dort. "Hier erwarten wir einen fachlichen wie politischen Vertrauensschutz, egal wer gerade das Sagen hat." Viele Investoren würden sich auf die Vereinbarung aus dem Jahr 1995 verlassen. Damit die Modernisierung nicht zu teuer werde, solle sich die Bahn moderne und kostensparende Verfahren zur Tunnelsanierung aus der Schweiz abschauen.

Die Idee, eine schnelle Verbindung von Nürnberg über Schwandorf nach Prag zu schaffen, kommt nicht von ungefähr. Denn während es bislang keine einzige schnelle Verbindung zwischen den bayerischen Großstädten München und Nürnberg mit Prag gibt, sollen es schon nach den bisherigen Planungen in Zukunft mindestens zwei werden. Der Freistaat treibt seit Längerem Pläne voran, den Ausbau der Strecke München-Regensburg-Prag, auf der Fahrgäste momentan fünfeinhalb Stunden unterwegs sind, zu beschleunigen - und die führt über Schwandorf und Furth im Wald.

© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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