Nürnberg:Krankes Flüchtlingskind: Prozess unterbrochen

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Nur knapp hat der kleine Leonardo überlebt, die Ärztin in der Fürther Kinderklinik habe den Eltern schon gesagt, dass ihr Bub sterben könne. Das sagte sie am Mittwoch vor dem Landgericht Nürnberg, vor dem sich zwei Wachmänner des Erstaufnahmelagers Zirndorf wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten müssen, weil sie dem Kind im Dezember 2011 nicht geholfen haben sollen. Der Junge aus Serbien hatte eine Meningokokken-Infektion, bei der das Gewebe abstirbt, es sollen schon schwarze Flecken im Gesicht und am Körper zu sehen gewesen sein. Doch anstatt einen Notarzt oder wenigstens ein Taxi zu rufen, sollen die Männer die Familie zu Fuß zur zwei Kilometer entfernten Kinderarzt-Praxis geschickt haben. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ein Autofahrer sammelte die Familie auf und brachte sie zu einer Ärztin, die den Buben in die Klinik überwies. Ihm mussten Gliedmaßen amputiert werden, sein Körper ist gezeichnet von mehr als zwei Dutzend Hauttransplantationen.

Ob sich das Leid des Kindes hätte verhindern lassen, wenn ihm schneller geholfen worden wäre, soll der Prozess klären. In erster Instanz waren die Wachmänner und eine Angestellte der Einrichtung zu Geldstrafen verurteilt worden. Das Verfahren gegen die Frau wurde abgetrennt. Ein Bereitschaftsarzt, der Leonardo am Vorabend untersucht hatte, wurde damals freigesprochen. Er ist nun wieder angeklagt, die Staatsanwaltschaft hatte - wie die Verurteilten - Berufung eingelegt. Ein Gutachter attestierte dem Arzt am Mittwoch eine nachlässige Arbeitsweise. Er hatte bei dem Buben nicht einmal Fieber gemessen und das mit seiner langen Erfahrung begründet. Dafür brauche er kein Thermometer. Er will keine Anzeichen einer schweren Erkrankung bei dem Jungen erkannt haben. Der Anwalt der Familie will nun noch die damaligen Mitbewohnerinnen von Leonardos Mutter in Zirndorf anhören, um die Glaubwürdigkeit des Arztes zu überprüfen, wie er sagt. Während die Eltern sagen, Leonardo habe den Kopf nicht mehr halten könne, bestritt der Mediziner das. Außerdem sagte er, er habe sich nur mit einer Dolmetscherin mit der Familie verständigen können, was Leonardos Vater bestreitet.

Eigentlich hätte am Mittwoch ein Urteil fallen sollen, nun wurde der Prozess bis zum 27. Mai unterbrochen. Dann sollen die neuen Zeugen gehört werden.

© SZ vom 07.05.2015 / kaa, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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