Nürnberg:"Ich habe immer Angst vor der Abschiebung"

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Flüchtlinge protestieren vor dem Bundesamt für Migration. Sie wollen anerkannt werden und arbeiten dürfen

Von Katja Auer, Nürnberg

Hassan Moradi lebt in einer kleinen Wohnung, nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft, er hat Glück gehabt. Trotzdem. "Ich fühle mich wie im Gefängnis", sagt er, "weil ich immer Angst vor der Abschiebung habe". Der junge Mann aus Afghanistan kam vor fünf Jahren nach Deutschland, als 17-Jähriger floh er aus seiner Heimat. Er ging zur Schule, machte einen Abschluss und eine Lehre als Maler und Lackierer. Jetzt ist er fertig, aber arbeiten darf er nicht. Denn sein Asylantrag wurde abgelehnt, er lebt als Geduldeter in Nürnberg. Eine Arbeitserlaubnis hat er nicht. Deswegen ist er am Montag zur Demonstration vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg gekommen. Ein paar Dutzend Menschen aus Iran, Afghanistan und Äthiopien stehen auf dem Gehsteig, sie halten Plakate in den Händen und rufen ihre Forderungen über den Zaun. Sie wollen, dass ihre Asylanträge anerkannt werden, dass sie aus den Heimen ausziehen und arbeiten dürfen. Sie haben auch einen Brief an BAMF-Präsident Manfred Schmidt geschrieben. Der kommt am Montag nicht selbst vor die Tür. Aber einige Mitarbeiter stellen sich den Demonstranten.

Wie Pressesprecher Mehmet Ata. Tatsächlich, sagt er, müssten die Menschen aus Iran, Afghanistan und Äthiopien länger darauf warten, dass ihre Asylanträge bearbeitet werden. Länger als der Durchschnitt. Das liege daran, dass im Moment Asylbewerber aus Syrien, dem Irak und Eritrea Priorität haben, ihre Anträge werden beinahe zu 100 Prozent anerkannt. Aber auch die Anträge von Menschen aus dem Westbalkan werden besonders schnell bearbeitet, weil sie nahezu keine Chance haben, anerkannt zu werden, und deswegen schnell wieder abgeschoben werden sollen. Andere Asylbewerber wie die Demonstranten müssen deswegen länger warten. Im Schnitt etwa 12,5 Monate, sagt Ata, das ist mehr als doppelt so lange wie die durchschnittliche Dauer. "Das ist bedauerlich", sagt er, "aber ich kann Ihnen im Moment auch keine Hoffnung machen, dass es demnächst schneller geht."

Mit ihrer Forderung nach einer Arbeitserlaubnis sind die Flüchtlinge vor dem Bundesamt allerdings an der falschen Adresse. Dort wird entschieden, ob ein Asylantrag anerkannt oder abgelehnt wird. Ob jemand geduldet wird, also trotz Ablehnung zunächst nicht in sein Heimatland abgeschoben wird, und ob jemand unter bestimmten Umständen arbeiten darf, darüber befinden die Ausländerbehörden der Kommunen.

Getachew Hailemariam Anano studiert Jura in Erlangen, aber auch er muss dauernd fürchten, dass er abgeschoben wird. Er kommt aus Äthiopien, dort würde er sofort verhaftet, weil er der politischen Opposition angehört, sagt der 29-Jährige. Er demonstriert für seine Anerkennung. "Wir sind nicht aus wirtschaftlichen Gründen hier", sagt er. Etwa ein Fünftel der Asylbewerber aus seinem Land wird anerkannt. Er gehört bislang nicht dazu.

Vor ziemlich genau einem Jahr fand schon einmal eine Demonstration in der Nürnberger Frankenstraße statt. Damals campierten einige Flüchtlinge auf dem Gelände und wollten es auch nach einem Gespräch mit Schmidt nicht wieder verlassen. Diesmal ist das Tor zu und Polizisten stehen davor.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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