Nürnberg:Fahndung nach Stellwag

Deutschlands berühmtestes Justizopfer unter Betrugsverdacht

Gegen Donald Stellwag, der als berühmtestes Justizopfer in Deutschland gilt, wird erneut ermittelt. Ein 51-jähriger Angeklagter hatte vor dem Landgericht Nürnberg ausgesagt, Stellwag sei der eigentliche Drahtzieher für einen Betrug gewesen, bei dem ein Geschäftsmann aus der Schweiz einen Verlust von mehr als einer halben Million Euro erlitten hatte. Dem Schweizer waren wertvolle Uhrwerke versprochen worden, die Ware wurde aber nie ausgeliefert. Aufgrund der Aussage des Angeklagten habe man nun ein Verfahren gegen Stellwag eingeleitet, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Am Dienstag hätte Stellwag vor Gericht als Zeuge in dem Verfahren aussagen sollen. Die Ermittler konnten aber nicht feststellen, wo sich der 58-Jährige derzeit aufhält. Weil das Gericht ohne eine Aussage Stellwags keine Chance sah, dem Angeklagten den ihm vorgeworfenen Betrug nachzuweisen, wurde das Verfahren eingestellt. Stattdessen suchen die Fahnder nun nach Stellwag.

Stellwag saß in den Neunzigerjahren fünf Jahre unschuldig hinter Gittern. Aufgrund eines fehlerhaften Gutachtens war er für einen Banküberfall verurteilt worden, den er nicht begangen hatte. Ein Gutachter wollte Stellwag aufgrund eines Fotos aus der Bank erkannt haben. Nach fünf Jahren Haft war dann der tatsächliche Bankräuber verhaftet worden. Das Justizopfer Stellwag war daraufhin immer wieder Gast in Talkshows. 2010 geriet er erneut ins Visier der Justiz. Nach einem spektakulären Goldraub beschuldigten ihn die Angeklagten aus dem Rappermilieu, Stellwag sei der Drahtzieher für den Millionenraub gewesen. Zwei Gutachter hatten aber festgestellt, Stellwag sei aufgrund einer Krankheit nicht verhandlungsfähig.

© SZ vom 05.08.2015 / prz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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