NPD-Verbotsverfahren:Seehofer ohne Rückendeckung

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Neuer Anlauf für NPD-Verbotsverfahren stößt bei Koalitionspartner FDP und im Innenministerium auf Skepsis.

K. Stroh, K. Auer und A. Ramelsberger

Der Plan von Ministerpräsident Horst Seehofer, rasch ein neues NPD-Verbotsverfahren anzustoßen, stößt auf Skepsis beim Koalitionspartner. "Wir sehen da mehrere Risiken", sagt Andreas Fischer, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. "Parteiverbote bringen wenig."

Ministerpräsident Horst Seehofer will erneut ein NPD-Verbotsverfahren anstreben - und stößt beim Koalitionspartner auf Kritik. (Foto: Foto: AP)

Zwar könne man mit einem Verbot rechtsextremistische Strukturen zerschlagen, "es besteht aber das Risiko, dass sich etwas Neues bildet, das gefährlicher und schwerer zu kontrollieren ist". Auch träfe man damit nicht die "wirklich gefährlichen" Gruppen der Szene wie die Kameradschaften, sagte Fischer und warnte: Sollte ein Verbotsantrag wie 2003 erneut beim Bundesverfassungsgericht scheitern, wäre dies "das Allerschlechteste" und "für den Rechtsstaat eine Katastrophe".

Auch in einem am Montag vom Kabinett verabschiedeten Konzept mit Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus wird ein neuerlicher Anlauf zu einem NPD-Verbot zurückhaltend beurteilt: Die Erfolgsaussichten würden "sorgfältig geprüft", heißt es dort. Seehofer selbst geht weiter: "Natürlich gehen wir das mit dem NPD-Verbotsverfahren an. Das habe ich mit (dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsident) Kurt Beck so abgemacht", sagte er am Wochenende.

Zumindest über das Ziel ist er sich mit seinem Innenminister Joachim Herrmann einig, der sagte: "Für mich ist die NPD eine verfassungsfeindliche Partei, und sie gehört ein für alle Mal verboten."

Seehofer ist offenbar bereit, V-Leute abzuziehen

Bislang aber hatten die maßgeblichen CSU-Vertreter einen neuen Verbotsantrag wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. Drei Karlsruher Richter hatten im Jahr 2003 das Verbotsverfahren scheitern lassen, weil sie den Einfluss des Staates auf die NPD durch die vom Verfassungsschutz bezahlten V-Leute für zu groß erachteten. Seehofer ist nun offenbar bereit, die V-Leute abzuziehen. Dies sagte er vergangene Woche nach Angaben von Zuhörern bei der CSU-Klausur in Kreuth.

Von einem solch radikalen Schritt hält Innenminister Herrmann offenbar wenig: Einer eindeutigen Festlegung wich er am Montag zwar aus, sagte aber, diese Frage stelle sich nicht. Auch der Kabinettsbeschluss weist explizit auf die "Risiken aufgrund eines Erkenntnisverlustes gerade auch über die nicht organisierte gewaltbereite rechtsextremistische Szene" hin. Ähnlich argumentiert FDP-Mann Fischer: "Die V-Leute abzuziehen würde ich für sehr gefährlich halten." Der Staat müsse die NPD beobachten.

Herrmann, der einen neuen Anlauf für ein Verbotsverfahren schon 2010 für möglich hält, setzt vielmehr auf eine veränderte Haltung des Verfassungsgerichts: Die "Mindermeinung" der drei Richter sei seinerzeit "viel zu schicksalhaft hingenommen" worden. Darüber müsse man eine "engagierte öffentliche Auseinandersetzung" führen.

Im Innenministerium ist man zudem verärgert über Seehofers Äußerung in Kreuth, man solle ihm doch einmal sagen, welche Erkenntnisse denn von V-Leuten gekommen seien. So heißt es, der Ministerpräsident habe nie nachgefragt, welche Informationen man von V-Leuten in der Vergangenheit bekommen habe und ob man auf sie verzichten könne.

Die SPD freut sich derweil über Seehofers Pläne: "Da wir ein NPD-Verbot seit langem befürworten, waren wir erleichtert, dass Seehofer da in der CSU einen neuen Kurs fährt", sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD, Helga Schmitt-Bussinger. Sie wäre auch bereit, die V-Leute abzuziehen. Deren Tätigkeit in der NPD sei ohnehin "kritisch zu betrachten".

Zudem sei auch ohne ihre Informationen "die Verfassungsfeindlichkeit der NPD hinreichend belegt". Allerdings hatte es solche Hinweise auch beim Verbotsverfahren 2003 gegeben. Zurückhaltend äußerte sich CSU-Fraktionschef Georg Schmid, der vor "voreiligen Entscheidungen" warnte.

Das vom Kabinett verabschiedete Programm gegen Rechtsextremismus sieht eine breite Palette von Maßnahmen vor. Vor allem will die Regierung die Prävention an den Schulen verbessern. Beim Verfassungsschutz soll eine zentrale Informationsstelle geschaffen werden. Auch verspricht der Staat Polizisten oder Justizbediensteten, die von Rechtsextremisten bedroht werden, mehr Hilfe und Unterstützung. Jede dieser Maßnahmen sei wichtiger als ein NPD-Verbot, sagte FDP-Innenexperte Fischer.

© SZ vom 13.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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