- Am 15. Verhandlungstag des Wiederaufnahmeverfahrens vor dem Landgericht Regensburg wird die Beweisaufnahme im Fall Mollath geschlossen. Nun sollen die Plädoyers folgen.
- Zuvor hatte Gustl Mollath erstmals ausgesagt. Der Angeklagte wies alle Tatvorwürfe zurück und ging zum Gegenangriff über.
Gericht lehnt weitere Zeugen ab
Nach der Mittagspause geht es vor dem Landgericht Regensburg zunächst um die von Gustl Mollath gestellten Beweisanträge. Der Angeklagte hatte nach seiner Aussage am Morgen gefordert, weitere Zeugen zu laden, die ihn entlasten sollen. Unter ihnen ein ehemaliger Schulfreund, ein Steuerfahnder und ein Psychiater. Doch das Gericht lehnt alle Anträge ab.
Von manchen Zeugen erwarte man sich schlicht keinen Erkenntnisgewinn, die Aussagen anderer würden über den Kern des Verfahrens hinausgehen, sagt die Vorsitzende Richterin Elke Escher. Zehn Minuten braucht sie für die Begründung, dann schließt sie die Beweisaufnahme - und gibt das Wort an Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl. Er soll nun sein Plädoyer halten.
Bilder vom Prozess:Mollath vor Gericht
Siebeneinhalb Jahre saß er in der Psychiatrie, seit einem Jahr ist Gustl Mollath wieder frei. Nun hat in Regensburg das Wiederaufnahmeverfahren begonnen.
Mollath streitet Straftaten ab
Am Morgen war der Schwurgerichtssaal im Landgericht Regensburg so voll wie am ersten Prozesstag. Gustl Mollath hatte angekündigt, sich erstmals selbst zur Sache äußern zu wollen. In seiner Aussage weist er dann alle Vorwürfe zurück: Er habe die ihm vorgeworfenen Straftaten - ihm werden Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung zur Last gelegt - nicht begangen. Eine geistige Krankheit liege nicht vor, eine Gefahr für die Allgemeinheit sei nie von ihm ausgegangen. Dann geht der Angeklagte zum Angriff über: Er bezichtigte seine Exfrau, eine Intrige gegen ihn gesponnen zu haben.
Mollath beschreibt, wie es seiner Ansicht nach zu dem Streit zwischen ihm und seiner damaligen Ehefrau gekommen sei. Er erzählt von Petra M.s angeblichen Schwarzgeldgeschäften, dass sie sich verspekuliert und Verwandten und Bekannten ihre Dienste angeboten habe. Auch von einem Sprung aus dem fahrenden Auto berichtet Mollath, dabei habe sich seine Exfrau Verletzungen zugezogen, die sie benutzt habe, um ihn zu belasten. Später habe Petra M. als Geistheilerin gearbeitet - Mollath zweifelt deshalb umgekehrt an ihrer Zurechnungsfähigkeit.
Mollath attackiert Gutachter
Auch die Gutachter, die ihn in den vergangenen Jahren als wahnhaft und gefährlich eingestuft haben, werden von Mollath attackiert. Der Angeklagte zitiert aus einem Gutachten von Klemens Dieckhöfer, der die Arbeit seiner Kollegen kritisiert. Die Rolle der Justiz kritisiert Mollath ebenfalls scharf. Unter den beteiligten Personen habe es unzählige Verbindungen gegeben. Er sei damals gezielt mundtot gemacht worden.
Psychiater Nedopil über Mollath:"Eine psychische Störung ist nicht nachweisbar"
Gustl Mollath ist nach Einschätzung von Norbert Nedopil, einem der bekanntesten forensischen Psychiater, nicht mehr gefährlich für die Allgemeinheit. Das bedeutet auch: Der Angeklagte ist voll schuldfähig.
14 Verhandlungstage lang hatte Mollath den Zeugen viele Fragen gestellt. Eine Aussage hatte der 57-Jährige bislang verweigert. Er wolle sich nicht unter der Beobachtung von Psychiater Norbert Nedopil äußern, hatte Mollath schon am ersten Prozesstag klargestellt. Weil Nedopil sein Gutachten bereits vorgetragen hat, ist er nun nicht mehr im Gerichtssaal. Nedopil hatte zuletzt erklärt, dass er Mollath nicht für gefährlich halte und eine erneute Zwangseinweisung deshalb nicht angemessen sei.
Angeklagter kritisiert Verteidiger
Neben Mollath sitzt an diesem Freitag sein Anwalt Gerhard Strate, der inzwischen nicht mehr als Wahl-, sondern als Pflichtverteidiger arbeitet. Nachdem sich Mollath und Strate über die Strategie der Verteidigung überworfen haben, ist die Stimmung frostig. In seiner Aussage greift Mollath auch seinen Anwalt an. Strate habe zwar im Vorfeld viel für ihn getan und erheblich zu seiner Freilassung beigetragen - im Wiederaufnahmeverfahren habe ihn seine Verteidigung aber nicht unterstützt.
Zweifel an Informationen eines Privatermittlers
Prozess gegen Gustl Mollath:Zwischen Freund und Feind
Vor genau einem Jahr wurde Gustl Mollath aus der Psychiatrie entlassen - um seine Freiheit kämpft er bis heute. Beim Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht in Regensburg lässt er sich von seinen Verteidigern nicht mehr helfen. Selbst bei manchen Mollath-Unterstützern sorgt das für Ärger.
Dazu passt, dass Richterin Elke Escher einen Brief "von einem Herrn Heidingsfelder" erhalten hat, in dem es um die Verletzungen von Mollaths Exfrau geht. Die habe sie sich beim Sprung aus einem fahrenden Auto zugegezogen, schreibt auch dieser. Private Ermittlungen hätten ergeben, dass es in einer Arztpraxis noch Unterlagen über Petra M. gebe, die dem Gericht bislang noch nicht bekannt seien.
Escher hat ein Problem mit dem Brief: Anders als ein Privatermittler könne sich ein Gericht eben nicht über rechtliche Bestimmungen hinwegsetzen - in diesem Fall: die ärztliche Schweigepflicht durch Nachfragen aushöhlen. Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl hält die Spur für "vage" und Verteidiger Strate spricht von der "Unzuverlässigkeit der Informationen jenes privaten Ermittlers".
Bei dem Privatermittler handelt es sich wohl um Martin Heidingsfelder. Der Nürnberger gibt sich als Freund Mollaths aus und hat in den vergangenen Wochen mehrmals deutlich Stellung bezogen - gegen Strate. Er unterstützt Mollath in seinem Wunsch nach einem Freispruch erster Klasse und pocht deshalb auf die Aufklärung der Schwarzgeldvorwürfe.
Was Mollath vorgeworfen wird
Der Angeklagte muss sich wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Er soll 2001 seine Ehefrau körperlich misshandelt und eingesperrt haben. Zudem soll er Dutzende Autoreifen zerstochen haben. Laut Anklage hat Mollath sich an Menschen rächen wollen, die an der Scheidung von seiner Frau beteiligt waren oder sich sonst irgendwie gegen ihn gewandt hatten.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 von den Vorwürfen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, ihn aber in die Psychiatrie eingewiesen. Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst. Seit Juli läuft das Wiederaufnahmeverfahren.